Über den Brexit
Seit dem Brexit gelten zwischen der Europäischen Union und Großbritannien dieselben Regelungen wie zwischen der EU und anderen Nicht-EU-Drittstaaten. Um Handel mit Großbritannien betreiben zu dürfen, müssen sich Händler zunächst anmelden.
Das Vereinigte Königreich hat am 31. Dezember 2020 im Rahmen des sogenannten Brexits den europäischen Binnenmarkt und die Zollunion verlassen. Erfahren Sie, wie sich das neue Abkommen für den E-Commerce mit Großbritannien und Nordirland auswirkt.
Neue steuerliche Regelungen nach dem Brexit
Umsatzsteuer
Güter, die nach Großbritannien geliefert werden, sind von Umsatzsteuern in der Europäischen Union ausgenommen, solange ein Nachweis erfolgt, dass diese die EU verlassen haben (Ausfuhrnachweis). Es gelten bei der Einfuhr von Waren und Dienstleistungen nach Großbritannien die dortigen Umsatzsteuern.
Verbrauchsteuer
Waren, die in die Kategorie Verbrauchsteuern fallen (wie Tabak, Alkohol, Treibstoffe) gelten ausschließlich die Bestimmungen Großbritanniens. Um Verbrauchsteuern beim Export aus der EU vermeiden, sollte das „Excise Movement and Control System – EMCS“ genutzt werden.
Alle aus Großbritannien eingeführten Waren unterliegen den Verbrauchsteuern des jeweiligen Importlandes. Hierbei muss man jedoch die zahlreichen Ausnahmen und Sonderfälle beachten.
Einfuhrumsatzsteuer
Die Waren unterliegen ausschließlich den Umsatzsteuern des jeweiligen Importlandes.
Handelsrestriktionen nach dem Brexit
Der Handel und Transport von bestimmten Gütern wie Vorläuferprodukte für Medikamente oder Waffen sind entsprechend der P&R-List der EU geregelt und zum Teil verboten. Zudem benötigen alle Agrargüter Einfuhr-Zertifikate.
EORI Nummer & Zollanmeldung
Onlinehändler benötigen eine sogenannte EORI-Nummer. Sie wird vom Zoll ausgestellt und zur automatisierten und digitalen Zollabfertigung benötigt. Mit der EORI Nummer können Unternehmen den Export nach Großbritannien beim Zoll online anmelden und die elektronische Freigabe durch den Zoll erhalten. Hierzu gehört auch die Registrierung als „Registrierter Exporteur (REX)“ für die Nutzung der Vorzugs- oder Präferenzbehandlung und der ermäßigten Zölle für Warenlieferungen über 6.000 EUR Warenwert. Um von den ermäßigten Zöllen zu profitieren, benötigen Händler einen Präferenznachweis und ein Ursprungszeugnis. Mit den Dokumenten gibt man eine „Erklärung zum Ursprung“ an. Diese beweist, dass die Ware im jeweiligen Land (also GB oder EU) hergestellt wurde. Ohne den Präferenznachweis können Zölle nach WTO-Standards anfallen.
Des Weiteren ist für jeden Export eine Zollanmeldung notwendig. Das Unternehmen stellt eine Handelsrechnung ohne Umsatzsteuer aus, mit dem Hinweis, dass es sich um eine Auslandslieferung handelt. Unter Umständen ist auch ein Ausfuhrnachweis nötig.
Wie im Exporthandel benötigen Händler beim Import ebenfalls eine vom Zoll ausgestellte EORI-Nummer für die automatisierte und digitale Zollabfertigung – sowie eine elektronische Zollanmeldung bei der Zollbehörde des Importlandes. In einigen Fällen wird auch eine Einfuhranmeldung und Ausfuhranmeldung in Großbritannien nötig.
Hinweis: Die sogenannten Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten oder Authorized Economic Operator (AEO) werden weiterhin von der EU und Großbritannien anerkannt.
Die 150 Euro Wertgrenze
Für den Handel mit Großbritannien gibt es eine Lieferschwelle. Hierbei sind Lieferungen nach Großbritannien bis zu einem Wert von 150 EUR (135 GBP) grundsätzlich von Zoll und Einfuhrumsatzsteuer befreit.
Trotzdem wird bei der Einfuhr Umsatzsteuer berechnet: Der aus einem Drittland stammende Verkäufer übernimmt diese Pflicht. Dafür muss sich der Verkäufer in Großbritannien zunächst umsatzsteuerlich registrieren und seinen britischen Privatpersonen die Rechnung mit britischer Umsatzsteuer ausstellen. Der „drittländische“ Verkäufer führt dann für den britischen Privatpersonen die vereinnahmte Umsatzsteuer an das britische Finanzamt ab.
B2C (Kleinsendungen an Privatpersonen)
Der Verkäufer registriert sich steuerlich in Großbritannien. Zudem erstellt er die Rechnung mit britischer Umsatzsteuer und führt diese an die britischen Steuerbehörden ab.
Ausnahme: Erfolgt der Verkauf über einen Online-Marktplatz (z. B. Amazon oder Ebay) ist der Marktplatzbetreiber für die umsatzsteuerliche Registrierung und Abführung der Umsatzsteuer in Großbritannien verantwortlich.
B2B (Kleinsendungen an Unternehmen)
Es wird keine Umsatzsteuer berechnet, wenn der britische Käufer eine gültige Umsatzsteuer-ID angibt. Die Rechnung sollte einen Hinweis auf das Reverse-Charge-Verfahren enthalten. Der britische Käufer ist verpflichtet, die Umsatzsteuer abzuführen.
Rückwaren
Handelswaren, die nach dem Brexit aus Großbritannien wieder in die EU-27 zurückgebracht werden, können als Rückwaren außertariflich zollbefreit einfuhrabgefertigt werden. Es muss jedoch ein Nachweis vorgelegt werden, dass die Waren vor ihrem Verbringen nach Großbritannien den Charakter von „Unionswaren“ hatten.
Waren, die vor dem 01.01.21 nach Großbritannien geliefert wurden (damals noch eine „innergemeinschaftliche Lieferung“) und danach mit Zollanmeldung wieder in die EU eingeführt werden, können ebenfalls als Rückwaren einfuhrabgabenfrei abgefertigt werden, wenn der Nachweis, dass die Unionswaren vor Ablauf der Brexit-Übergangsphase nach Großbritannien geliefert wurden. Die Waren müssen sich jedoch mindestens drei Jahre bei der Einfuhr nachweisbar in demselben Zustand befinden wie bei der Ausfuhr.
Versandhandelsumsätze in Großbritannien über Online-Marktplätze
Bei Online-Verkäufen über Online-Marktplätze, auch solche mit Sitz außerhalb des Vereinigten Königreichs, muss der Marktplatzbetreiber im Vereinigten Königreich den B2C-Verkauf an den britischen Kunden selbst vornehmen. Er kümmert sich um die Zollabfertigung der Einfuhr, stellt dem Kunden eine ordnungsgemäße Rechnung aus und deklariert und zahlt die Mehrwertsteuer oder Einfuhrumsatzsteuer in seiner eigenen britischen Mehrwertsteuererklärung. Außerdem muss er die mehrwertsteuerlichen Aufzeichnungs- und Archivierungspflichten einhalten.
Die Unterscheidungen nach dem Warenwert von 135 GBP gelten auch für Online-Marktplätze.
Die Ware befindet sich bei Verkauf in Großbritannien
Wenn Ware aus Deutschland nach Großbritannien in ein Lager oder Fulfillment-Center (z. B. Amazon FBA) in Großbritannien eingeführt wird, um dort gelagert zu werden, fehlt es an einem sogenannten Leistungsaustausch und es liegt ein nicht steuerbarer Umsatz vor. Demnach muss der Händler Ausfuhrnachweise erbringen und in Großbritannien Zoll und Einfuhrumsatzsteuer zahlen.
Lieferungen aus einem Lager in Großbritannien
Wenn Ware aus einem britischen Lager in Großbritannien über einen Marktplatz verkauft wird, hat der Marktplatzbetreiber alle umsatzsteuerlichen Pflichten, bei Lieferungen an Privatpersonen. Es muss die britische Umsatzsteuer abgeführt und Rechnungen an die Kunden ausgestellt werden.
Lieferung von Dienstleistungen nach Großbritannien
Es findet keine Erhebung der Umsatzsteuer statt, entsprechend EU-Umsatzsteuerrecht
Erwerb von Dienstleistungen aus Großbritannien
Die Umsatzsteuer ist im Land des Kunden fällig.
Das OSS-Verfahren – Die Umsatzsteuer bei Lieferungen nach Großbritannien
Zum 1. Juli 2021 veränderte sich die Umsatzsteuerpflicht im grenzüberschreitenden Warenverkauf für Händler durch Inkrafttreten des Mehrwertsteuer-Digitalpakets. Informieren Sie sich hier über die auch für Onlinehändler wichtigen Änderungen im B2C-Fernabsatz.
INTRASTAT und Außenhandelsstatistik beim Handel mit Großbritannien und Nordirland
Für Großbritannien erfolgt das Meldeverfahren im Rahmen des IT-Verfahrens ATLAS und automatisiert über die Zollanmeldungen. Für Nordirland gilt weiterhin die Abgabe der Intrastat-Meldungen.
Regelungen für Import und Export mit Nordirland
Aufgrund der besonderen Situation von Nordirland gelten andere Bedingungen für Waren, die von dort importiert oder nach dorthin exportiert werden.
Grundsätzlich unterliegen in Nordirland alle Bestimmungen weiterhin dem EU-Recht, das heißt, das Verfahren entspricht der Situation, als wäre Nordirland weiterhin ein EU-Mitglied. Zollformalitäten entfallen, Umsatzsteuerregelungen entsprechen den EU-Regeln, solange die Waren und Güter in Nordirland verbleiben.
Für Waren, die von Nicht-EU-Ländern (inklusive GB) nach Nordirland gelangen, gelten dieselben Regeln, wie sie in den jeweiligen Handelsabkommen und Zollgesetzen der EU festgelegt worden sind. Hier können auch weitere Kontrollen anfallen (zum Beispiel bei Tiertransporten).
Für Nordirland gelten seit dem Brexit Sonderregelungen
Marktzugangsregeln
Das Nordirland-Protokoll zum Austrittsabkommen sieht vor, dass Nordirland im EU-Binnenmarkt für Waren bleibt. Folglich kann es unterschiedliche Produktanforderungen in GB und in Nordirland geben.
CE/UKCA
Die neuen Regelungen zur UKCA-Kennzeichnung werden in Nordirland nicht angewendet. Für den nordirischen Markt kann weiterhin die CE-Kennzeichnung genutzt werden.
UK-REACH
Die Änderungen in Bezug auf die chemikalien-rechtliche Sonderregelung UK-REACH gelten nicht für Nordirland. Waren können unter den bisher bestehenden Bedingungen nach Nordirland exportiert werden.
Lebensmittelkennzeichnung
Für Nordirland gelten weiterhin die EU-Vorschriften.
Milchproduktregulierung
In Nordirland gilt weiterhin die EU-Medizinproduktregulierung (MDR- und IVDR-Verordnung).
Umsatzsteuerregelungen für Nordirland
Deutsche Exporteure von Waren stellen keine Umsatzsteuer in Rechnung: Es gilt weiterhin das Reverse-Charge-Verfahren. Nordirische erhalten jeweils eine neue Umsatzsteuernummer mit dem Vorsatz XI für innergemeinschaftliche Lieferungen.
Zulieferer können die Umsatzsteuer ihres Landes berechnen, solange sie nicht den länderspezifischen Schwellenwert überschreiten: Irland: 35.000 EUR und Deutschland: 100.000 EUR. Wenn der Umsatz diese Schwelle überschreitet, muss die Umsatzsteuer des Landes, in dem sich der Kunde befindet, berechnet werden. Liegt der Umsatz unter dem Schwellenwert, können Unternehmen wählen, die lokale Umsatzsteuer zu berechnen.
Achtung: Dies gilt nicht für Dienstleistungen.