E-Commerce | 20. Dezember 2021

Worauf Händler bei der Nutzung des Amazon FBA Programms achten müssen

Viele Händler nutzen das Amazon FBA Programm. Doch welche Vor- und Nachteile sollten beachtet werden? Hier ein kurzer Überblick. von

Image Amazon FBA
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Der Online-Handel boomt und immer mehr Unternehmen wollen davon profitieren. Doch an den Online-Handel werden auch große Anforderungen gestellt. Viele Kunden haben sich bereits an den Service von Amazon gewöhnt und nehmen dies als Standard wahr. Doch für einen kleinen Einzelhändler, der einen Online-Handel aufziehen will, ist das nicht ohne weiteres umsetzbar. Daher erwägen immer mehr Händler, die Amazon FBA Fulfillment-Strukturen zu nutzen.

Für Händler bringen vor allem logistische Abläufe Herausforderungen mit sich. Wer Waren verkaufen will, muss diese zunächst lagern. Gehen Bestellungen ein, muss der Versand möglichst reibungslos organisiert werden. Und erreicht die Ware dann den Kunden, müssen Händler auch mit etwaigen Rücksendungen rechnen. Die Kunden erwarten heute einen reaktionsschnellen Kundenservice. Nicht zuletzt stellen sich bei Warenbewegungen auch umsatzsteuerliche Fragestellungen. Mit dem Amazon FBA Programm können Händler die komplette Abwicklung der Logistik an Amazon übertragen.

Was ist das FBA Programm?

„Fulfillment by Amazon“ wird mit FBA abgekürzt. Amazon bietet mit diesem Programm einen Service speziell für Händler an. Wer seine Waren bei Amazon anbietet, kann bei Teilnahme an dem Programm die komplette Logistik an Amazon übertragen. Die Waren werden also von Amazon gelagert und verschickt. Die Teilnahme ist nicht obligatorisch – Händler können auch durchaus ihre Waren bei Amazon zum Verkauf anbieten und die Logistik selbst übernehmen. Welche Variante für den jeweiligen Händler die beste ist, zeigt sich, wenn Vor- und Nachteile abgewogen werden.

Wer kann das FBA Programm nutzen?

Händler, die das FBA Programm nutzen wollen, müssen sich dafür entsprechend anmelden. Amazon zeigt Schritt für Schritt,

  • wie Unternehmen sich registrieren
  • welche Kosten entstehen,
  • wie der Versand durch Amazon erfolgt.

Unternehmen, die sich für das FBA-Programm registrieren, werden häufig auch als „FBA-Seller“ bezeichnet.

Bei der Teilnahme am FBA Programm entstehen auch Kosten. Amazon bietet verschiedene Verkaufstarife an. Beim Verkaufstarif „Professionell“ zahlen Händler aktuell (Stand Dezember 2021) 39 Euro monatlich (exkl. Umsatzsteuer), unabhängig davon, wie viele Produkte pro Monat verkauft werden. Zudem wird je Verkauf eine Verkaufsgebühr erhoben. Beim Verkaufstarif „Einzelanbieter“ werden 0,99 Euro pro verkauften Artikel zzgl. einer Verkaufsgebühr erhoben.

Auch weitere Gebühren können anfallen. Eine Übersicht zu den verschiedenen Tarifen bietet Amazon hier.

Steuerliche Besonderheiten bei FBA

Welche Folgen bringt die Teilnahme am FBA Programm steuerlich mit sich? Zunächst muss beachtet werden, dass Unternehmer am FBA Programm teilnehmen. Wer sich also als Händler bei Amazon registriert und somit als Unternehmer auftritt, der muss dies auch (falls bisher noch nicht der Fall) beim Finanzamt anmelden.

Unternehmer müssen dann verschiedene steuerliche Pflichten erfüllen, beispielsweise

  • eine ordnungsgemäße Buchhaltung
  • Gewinnermittlung,
  • Abgabe von Steuererklärungen und Steueranmeldungen.

Händler, die die Amazon FBA Fulfillment-Strukturen nutzen, werden steuerlich als Unternehmer eingestuft und müssen entsprechende Deklarationspflichten erfüllen. Vor allem bei der Umsatzsteuer können sich komplexe Fallgestaltungen ergeben.

Umsatzsteuerliche Folgen bei grenzüberschreitenden Warenlieferungen

Nicht immer werden Waren nur innerhalb von Deutschland an Kunden verkauft. Auch grenzüberschreitende Lieferungen kommen, insbesondere im Bereich eCommerce, sehr häufig vor. Umsatzsteuerlich stellen sich dann jedoch einige Fragen.

Wenn Waren an Privatkunden in einem anderen EU-Mitgliedstaat verkauft werden, dann muss grundsätzlich Umsatzsteuer in diesem EU-Mitgliedstaat abgeführt werden. Mit anderen Worten: Der Händler müsste sich grundsätzlich in dem EU-Mitgliedstaat registrieren. Seit 1. Juli 2021 kommt eine EU-weite-Lieferschwelle von 10.000 Euro zur Anwendung. Wird diese nicht überschritten, erfolgt die Besteuerung in Deutschland.

Doch gerade, wenn Händler damit rechnen, die Lieferschwelle zu überschreiten, kann die Teilnahme am sog. One-Stop-Shop viele Abläufe vereinfachen. Der Händler muss sich dann eigentlich nicht mehr in verschiedenen EU-Ländern für Zwecke der Umsatzsteuer registrieren, sondern kann mit dem One-Stop-Shop (OSS) eine zentrale Stelle für sämtliche Meldepflichten und Zahlungsverpflichtungen nutzen. Lesen Sie hierzu auch unsere Themenseite zum One-Stop-Shop.

Wer allerdings die die Amazon FBA Fulfillment-Strukturen und daher auch Warenlager von Amazon in anderen EU-Mitgliedsstaaten nutzt, der muss – trotz OSS – Registrierungspflichten und Deklarationspflichten in diesen EU-Mitgliedsstaaten erfüllen.

Warenbewegungen und Warenumlagerungen

Gerade im Zusammenhang mit dem One-Stop-Shop gibt es bei der Nutzung von Amazon FBA Fulfillment-Strukturen spezielle Fälle. Hier einige Beispiele:

1. Fall: Der Händler hat seinen Sitz in Deutschland und verkauft Dekorationsartikel. Er hat sich für den OSS registriert. Zudem nimmt er an dem FBA Programm teil. Die Waren wurden von Amazon in einem Lager in Frankreich deponiert. Ein Kunde aus Frankreich bestellt eine Vase. Diese wird von Amazon aus dem Lager in Frankreich an den Kunden verschickt. Es handelt sich also um eine lokale Lieferung in Frankreich und keinen Fall für das OSS.

2. Fall: Dieses Mal kauft ein Kunde aus Freiburg die Vase. Da das Lager in Frankreich den kürzesten Versandweg hat, verschickt Amazon die Ware von diesem Lagerhaus aus. Die Lieferung erfolgt also aus Frankreich: Der Händler muss diesen Verkauf im OSS melden.

3. Fall: Der Händler verkauft nun auch immer mehr Dekorationsartikel nach Österreich. Amazon bemerkt diese Entwicklung und deponiert daher mehr Produkte des Händlers in einem Lager in Salzburg (Österreich) ein. Die Warenumlagerung ist für den OSS unbeachtlich, da hier kein Zusammenhang mit einem Verkauf gegeben ist. Allerdings muss das innergemeinschaftliche Verbringen in der Steueranmeldung und einer Zusammenfassenden Meldung deklariert werden. Der Händler muss in Österreich registriert sein und in Österreich über eine gültige Umsatzsteuer-ID verfügen.

 

Für Händler kann es eine enorme Herausforderung sein zu unterscheiden, wann eine Transaktion im OSS oder im Rahmen einer lokalen Steuererklärung zu erfassen ist. Der bürokratische Aufwand in der Buchhaltung ist ohne technologische Unterstützung sehr groß.

Umsatzsteuer und Rechnungsstellung

Wird eine Ware gekauft, erwartet der Kunde meist auch, dass eine Rechnung für den Kauf gestellt wird. Dabei muss auch die Umsatzsteuer korrekt ausgewiesen werden. Amazon bietet für Händler einen Rechnungsservice an, indem die Umsatzsteuer bereits von Amazon kalkuliert wird. Die Rechnung ist für den Händler in seinem Account abrufbar. Die Rechnungen werden von Amazon automatisch elektronisch vorbereitet und dem jeweiligen Kunden zum Download bereitgestellt. Amazon stellt zum Rechnungsservice ausführliche Informationen zur Verfügung. Eine Musterrechnung, wie das aussieht, finden Sie hier.

Ein vollautomatisierter Rechnungsservice klingt natürlich zunächst nach einer erfreulichen Entlastung für die Händler. Allerdings ist das EU-Mehrwertsteuersystem so komplex, dass die Umsatzsteuer bei der Rechnungsstellung durch Amazon nicht immer korrekt ausgewiesen wird. In den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten kommen die unterschiedlichsten Steuersätze zur Anwendung. Regelsteuersätze, ermäßigte Steuersätze oder stark ermäßigte Steuersätze – Amazon kann hier gar nicht immer auf die richtigen Steuersätze zurückgreifen. Selbst für Steuerexperten ist es mitunter schwierig zu ermitteln, welcher Steuersatz gerade zur Anwendung kommen muss. Händler können sich daher beim Rechnungsservice nicht darauf verlassen, das alles korrekt sein wird: Sie müssen die Rechnung entsprechend prüfen, denn bei falschem Steuerausweis haftet der Händler.

Vor- und Nachteile

Wer an eCommerce denkt, kommt an einem Anbieter wie Amazon fast nicht vorbei. Nicht zuletzt in Zeiten der Pandemie konnte Amazon Rekordgewinne erzielen. Der Online-Handel ist enorm erfolgreich – und verständlicherweise wollen auch kleinere Händler davon profitieren. Doch bevor ein Unternehmen sich für das FBA Programm registriert, sollten Vor- und Nachteile abgewogen werden, wie beispielsweise folgende:

Vorteile

  • Mit Amazon Marketplace werden viele potenzielle Kunden erreicht.
  • Der Versand durch Amazon berechtigt zum Prime GRATIS Premiumversand. Für Prime Kunden ist der Versand dann kostenlos.
  • Händler können (kostengünstig) europaweit wachsen.
  • Es muss kein eigener Kundenservice implementiert werden: Der Amazon Kundenservice ist rund um die Uhr (in mehreren Sprachen) verfügbar.
  • Auch Retouren werden über Amazon abgewickelt (allerdings sollten hier Kosten beachtet werden).
  • Händler müssen keine eigenen Lagerräume mieten und unterhalten.

Nachteile

  • Händler müssen sicherstellen, dass ausreichend Waren verfügbar sind.
  • Reklamationen sind für Händler kostspielig.
  • Für das FBA Programm fallen Gebühren an.
  • Vor allem für große Produkte können Lager- und Versandgebühren erheblich sein. Die Preisübersicht von Amazon gibt einen Überblick.
  • Händler müssen sich umsatzsteuerlich absichern: Viele Fallgestaltungen sind, gerade auch im Rahmen von OSS, nicht einfach einzuordnen. Hier ist Beratung erforderlich.

 

Fazit

Für Händler kann es sehr attraktiv sein, die Amazon FBA Fulfillment-Strukturen zu nutzen. Allerdings sollte genau geprüft werden, welche Kosten durch die Lagerung und den Versand der Produkte entstehen. Zudem sind die umsatzsteuerlichen Folgen komplex. Auch bei einer Teilnahme am OSS müssen lokale Registrierungen und Deklarationspflichten erfolgen. Händler sollten sich steuerlich beraten lassen und aber auch technologische Unterstützung erwägen, damit die Deklarationspflichten ordnungsgemäß und ohne zu großen Aufwand abgewickelt werden können.

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