Noch nicht absehbare Auswirkungen der neuen IMO2023-Regelung
Die Regularien „IMO2023“ der International Maritime Organization, die ab dem 1. Januar 2023 in Kraft treten, verlangen eine Reduzierung der Kohlendioxidemissionen des weltweiten Seeverkehrs um 70 % im Vergleich zu 2008 durch die Anwendung eines individuellen Kohlenstoff-Intensitäts-Indikators (CII).
Um diese Emissionsanforderungen zu erfüllen, müssen Reedereien ihre Routen optimieren und die Geschwindigkeit ihrer Schiffe verlangsamen, was zu höheren Vorlaufzeiten führen wird. Transporteure und Lieferanten müssen ihre Kapazitäten erhöhen, um weitere Verspätungen und Unterbrechungen zu vermeiden. Investitionen in effizientere Schiffe könnten Abhilfe schaffen, allerdings sind diese begrenzt verfügbar. Die Marktreaktion auf die IMO2023 Regulierung ist derzeit unklar, da Verstöße nicht unmittelbar sanktioniert werden.
Frachtflugzeugkapazitäten wachsen und wachsen
Seit Beginn der Pandemie hat sich das Angebot an Frachtflugzeiten aufgrund sinkender Passagierkapazitäten und steigender Verbrauchernachfrage um 18 % erhöht. Es gab auch eine jährliche Zunahme der Umrüstungen von Passagier- auf Frachtflugzeuge um 9 %. Das hat zu einem Zuwachs der Frachtkapazität um 6 % in den vergangenen drei Jahren geführt, was einer Verdoppelung im Vergleich zurzeit vor der Pandemie entspricht. Der Luftfrachtmarkt hat jedoch in letzter Zeit rückläufig entwickelt und für 2023 wird erwartet, dass das Verhältnis von Luftfrachtkapazität zur Nachfrage wieder auf das Niveau vor der Pandemie zurückkehrt.
Auf Routen zwischen den USA und Europa wird bereits von Überkapazität gesprochen, während auf Routen zwischen Europa und Asien weiterhin starke Belastungen erwartet werden. Verbindungen über den Mittleren Osten und der Ausfall von Strecken über Osteuropa können diese Belastungen nur teilweise kompensieren. Obwohl sich die Tarife in der Luftfracht eventuell erholen könnten, sollten keine Wunder erwartet werden, selbst wenn die Kapazitätssituation im ersten Halbjahr ausreichend sein sollte. Die Treibstoffkosten werden weiterhin auf einem hohen Niveau bleiben und die Fluglinien werden sich wieder verstärkt auf ihre Profitabilität konzentrieren.
Seefracht: Entspannung ja, Normalität nein
Die Rückkehr zur „alten Normalität“ in der Seefracht ist noch nicht in Sicht. Obwohl die Zeit zwischen dem Verschiffen der Fracht durch den Exporteur und der Abholung am Zielhafen auf TPEB- und FEWB-Routen im Oktober bei ca. 85 Tagen lag, was die schnellste Zeit seit Februar 2021 ist und dem Durchschnittswert seit Ende Juni 2021 entspricht, ist der Weg zum prä-pandemischen Niveau noch weit entfernt. Im Jahr 2019 lagen diese Zeiten auf diesen Routen durchschnittlich zwischen 50 und 60 Tagen. Trotzdem wird sich der Trend zur Verlagerung von der Luft- auf die Seefracht 2023 fortsetzen.
Derzeit sind die Lager vieler Händler gut gefüllt, und die voraussichtliche weitere Abkühlung des Konsumklimas wird dazu beitragen, dass es in der Seefracht in der ersten Jahreshälfte sogar zu sinkenden Preisen kommen könnte, die den Seeweg dann vorwiegend für nicht eilige Güter noch attraktiver machen werden. Erst in der zweiten Jahreshälfte werden sich die Auswirkungen der gesunkenen Lagerbestände und einer hoffentlich entspannteren Situation in der Weltwirtschaft bemerkbar machen – die Kapazitätsauslastung könnte erneut ansteigen oder sich nahezu an die Nachfrage anpassen.
Risiken auch 2023 zu erwarten
Viele Anzeichen im Markt deuten auf eine insgesamt weitere Erholung für 2023 hin. Es gibt jedoch bereits bestehende Unsicherheitsfaktoren, die den Blick auf das kommende Logistikjahr trüben. Dazu gehören:
- Der Ukraine-Krieg
- Die Inflation
- Die ungelöste Situation im südchinesischen Meer vor Taiwan
- Die anhaltende Null-Covid-Politik Chinas mit Auswirkungen auf die asiatischen Lieferketten
Überbordender Pessimismus ist trotzdem nicht angebracht. Mit agil aufgesetzten Lieferketten können sich Logistiker auch in einem sich wohl weiterhin volatil-dynamischen Markt ihren Handlungsspielraum bewahren.
Quelle: logistik-heute.de