Neuregelung der Einfuhrabgaben
Seit dem 1. Juli 2021 gelten die neuen Zollregelungen der EU. Sie betreffen in sehr hohem Maß den grenzüberschreitenden elektronischen Handel. Mit der neuen Zollverordnung sollten eigentlich außereuropäische Händler nicht mehr länger bevorteilt sowie ein fairer Wettbewerb zwischen in- und ausländischen Versandhändlern geschaffen werden. So richtig gelungen scheint das nach einem halben Jahr des in Kraft tretens allerdings noch nicht.
Eine der wichtigsten Zollregelungen betrifft die Einfuhrabgaben. Für die Händler entsteht dadurch ein deutlich höherer bürokratischer Aufwand und für Kunden wurden die Waren, die sie kaufen, unter Umständen sehr viel teurer – Gründe genug, dass sich die Händler mit diesem Thema sehr genau beschäftigen müssen, denn sie laufen Gefahr, Kunden zu verlieren und/oder deutlich zu hohe Steuersätze an die jeweiligen Finanzämter zu bezahlen.
Checkbox für Händler zum grenzüberschreitenden Warenverkehr
Welche Regelungen gelten für die Zollanmeldung?
Die allgemeinen Regelungen für Zollanmeldungen sind anzuwenden. Bei Einfuhr der Waren in die EU muss eine Zollanmeldung abgegeben werden, in der die IOSS-Registriernummer und der EU-Code F48 anzugeben sind. Die Zollanmeldung kann in jedem Mitgliedstaat der EU abgegeben werden.
Die Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr von im Rahmen der Einfuhrregelung gemeldeten Waren mit geringem Wert ist von der Mehrwertsteuer befreit, wenn in der Zollanmeldung eine gültige IOSS-Nummer angegeben wird und die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Damit soll eine Doppelbesteuerung derselben Waren vermieden werden.
Wo muss die Umsatzsteuer-Erklärung abgegeben werden?
Bei der zuständigen Steuerbehörde muss eine monatliche Umsatzsteuer-Erklärung abgegeben werden, die Umsatzsteuer ist ebenfalls an die zuständige Steuerbehörde zu entrichten. Die zuständige Steuerbehörde ist diejenige, bei der die IOSS-Registrierung beantragt wurde. Wurde die IOSS-Registriernummer in Deutschland beantragt, ist die Steuererklärung bis zum Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalendermonat elektronisch dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln.
Auf der Grundlage der in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten eingereichten Zollanmeldungen wird eine monatliche Liste mit dem Gesamtwert der Einfuhren von Waren mit geringem Wert erstellt, die in der EU für jede IOSS-Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in einem bestimmten Monat angemeldet wurden. Die Anmelder sind nicht an der Zusammenstellung dieser monatlichen IOSS-Auflistungen beteiligt. Die aggregierten monatlichen Auflistungen werden den Steuerbehörden in der EU zur Verfügung gestellt. Die Steuerbehörden verwenden diese Auflistungen, um den Wert der Einfuhren, die unter einer IOSS-Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als steuerbefreit gemeldet wurden, mit dem Wert der von demselben Steuerpflichtigen in der IOSS-Erklärung erklärten Umsatzsteuer abzugleichen.
Wie erfolgt die Prüfung der IOSS-Umsatzsteuer-Identifikationsnummer?
Alle von den Steuerbehörden in den EU-Mitgliedstaaten erteilten IOSS-Umsatzsteuer-Identifikationsnummern werden allen Zollbehörden in der EU elektronisch zur Verfügung gestellt. Die Datenbank der IOSS-Umsatzsteuer-Identifikationsnummern ist nicht öffentlich. Bei Erhalt einer IOSS-Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Datensatz der Zollanmeldung prüfen die Zollbehörden deren Gültigkeit anhand der Datenbank der IOSS-Umsatzsteuer-Identifikationsnummern. Wenn die IOSS-Nummer gültig ist, der Sachwert der Sendung 150 Euro nicht übersteigt und die weiteren Voraussetzungen eingehalten sind, verlangen die Zollbehörden keine Entrichtung der Umsatzsteuer auf Waren mit geringem Wert, die über die IOSS eingeführt werden. Im Falle einer ungültigen oder fehlenden IOSS-Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist die Umsatzsteuer bei der Einfuhr zu entrichten.
Digitale Zollanmeldung, IOSS und Marktplatzhaftung
Was genau umfassen die neuen Regelungen zu den Einfuhrabgaben? Dazu Andreas Weidner, VP Customs and Trade Compliance der eClear AG: „Bei Sendungen mit einem Wert von bis zu 150 Euro wird eine Einfuhrumsatzsteuer erhoben. Bei Sendungen mit Wert ab 150 Euro werden Zoll und Einfuhrumsatzsteuer fällig. Kleinsendungen unter 22 Euro sind nicht mehr länger von der Einfuhrumsatzsteuer befreit; sie werden nun auch mit dem im Bestimmungsland gelten Mehrwertsteuersatz versteuert.“
Hinzu kommt: Seit dem 1. Juli 2021 müssen Zollanmeldungen digital erfolgen. Jede Importsendung muss also schriftlich digital angemeldet werden. Eine mündliche Zollanmeldung ist nur noch im Rahmen des Reiseverkehrs möglich.
Für die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuern wurde ein neues EU-weites vereinfachte Verfahren eingeführt: Der Import-One-Stop-Shop (IOSS), über den auch die Erklärung und Abführung der Steuer erledigt werden können. Dies gilt allerdings nur für die Einfuhr von Waren aus einem Drittland in die EU, die an Endkunden verkauft werden (B2C), nicht mehr als 150 Euro wert sind und außerdem nicht verbrauchssteuerpflichtig. Der Händler muss sich für den IOSS in der EU registrieren und benötigt dort auch einen Fiskalvertreter.
Auch die Marktplatzhaftung wurde neu geregelt: Bei Waren unter 150 Euro, die die Händler über eine Plattform wie z. B. Amazon verkaufen, wird die Plattform selbst zum Steuerschuldner und in Haftung genommen. Die Händler müssen sich für die korrekte Besteuerung ihrer Waren auch mit den technischen Gegebenheiten der Plattform auseinandersetzen.
Auf Kunden kommen höhere Kosten zu
Auf die Kunden, die online Waren bei Händlern in Nicht-EU-Ländern bestellen, können hohe Mehrkosten zukommen – nicht zuletzt berechnen die Händler die Kosten der schriftlichen Verzollung von Waren einfach an die Kunden weiter. Dazu Andreas Weidner: „Bei einem Artikel im Wert von 10 Euro kann sich eine Preissteigerung von bis zu 80 Prozent ergeben – 19 Prozent Einfuhrumsatzsteuern und 6 Euro Postgebühren. Diese Reform und ihre Neuerungen sind ein Test für das Verhältnis zwischen Verkäufern und ihren Kunden.“
Online-Händler sind also aufgefordert, entsprechend darauf zu reagieren. Sie müssen vor allem im Rahmen des Kaufprozesses die Gesamtkosten für ihre Kunden berechnen und ausweisen, können dies jedoch oft nicht, weil sie weder die Steuersätze des Bestimmungslandes noch dessen unzählige Ausnahmen kennen. Sie sind also aufgefordert, ihre Prozesse entsprechend zu optimieren. Dazu gehört, dass sie sich intensiv mit der digitalen Zollanmeldung und dem IOSS beschäftigen müssen sowie ihren Waren die korrekten Zolltarife zuteilen und die zu erwartenden Einfuhrabgaben und Gebühren gegenüber ihren Kunden transparent machen müssen.
Andreas Weidner hält die Umsetzung der EU-Reform für eine anspruchsvolle Aufgabe: „Der Brexit hat gezeigt, was mit fragilen Lieferketten passiert, wenn komplexe Reformen eingeführt werden. Viele in der EU ansässige Händler haben aufgrund der Unsicherheiten und Mehraufwendungen bei Lieferungen in das Vereinigte Königreich entschieden bis auf Weiteres nicht mehr dahin zu liefern. Händler müssen immer noch sehr viel tun, um auf der einen Seite Zoll- und steuerrechtliche Haftungsrisiken zu vermeiden und auf der anderen Seite den Konsumenten Vertrauen durch Klarheit und Kostentransparenz beim cross-border Handel zu geben.
Aufgrund der Massen an Sendungen die täglich aus dem Drittland über die bekannten Flughäfen abgewickelt werden, ist eine wirkungsvolle Überprüfung der angemeldeten Sendungen nicht durchführbar. Den Versendern im Drittland sind die Schwächen der einzelnen nationalen Zollbehörden bekannt. Daher lenken diese Ihre Warenströme auch vorzugsweise über die NL. In Holland finden keine Kontrollen statt, sofern die Waren Ihren Bestimmungsort in einem anderen EU-Mitgliedsstaat haben. Strafen werden, wenn überhaupt, nur gegenüber den Vertretern mit Ansässigkeit in der EU aufgebürdet.