Im aktuellen Bericht „VAT Gap Report 2023“ der Europäischen Kommission wird eine weitere Reduzierung der Mehrwertsteuerlücke innerhalb der EU für das Jahr 2021 dokumentiert, was den seit 2013 anhaltenden Trend bestätigt. Wir widmen uns den treibenden Kräften hinter dieser positiven Entwicklung, den Auswirkungen der jüngsten Initiativen und den Erwartungen für die Zukunft.
Worum geht’s bei der Mehrwertsteuerlücke?
Die Mehrwertsteuerlücke, auch als MwSt.-Einhaltungslücke bekannt, misst die Diskrepanz zwischen den theoretisch möglichen und den tatsächlich erhobenen Mehrwertsteuereinnahmen. Diese Lücke, ausgedrückt in absoluten Zahlen oder Prozent, verdeutlicht das Ausmaß nicht erhobener Mehrwertsteuer. Ursachen hierfür können vielfältig sein, als da wären MwSt.-Betrug, Optimierungspraktiken, Konkurse oder administrative Fehler.
Laut des Berichts vom 24. Oktober 2023 sank die EU-weite Mehrwertsteuerlücke von rund 99 Milliarden Euro im Jahr 2020 auf etwa 61 Milliarden Euro im Jahr 2021, was einem massiven Rückgang von 39 Milliarden Euro entspricht. Besonders auffällige Rückgänge verzeichneten Italien, Polen und Belgien. Doch welche Faktoren tragen zu diesem Trend bei?
Der Bericht zeigt, dass sich sowohl die Mehrwertsteuereinnahmen als auch die erwartete Gesamtsteuerschuld (VTTL – VAT Total Tax Liability) im Jahr 2021 erholten und das Vorkrisenniveau übertrafen. Die Mehrwertsteuerlücke verringerte sich in fast allen EU-Mitgliedstaaten. Maßnahmen im Zuge der COVID-19-Pandemie, die Steuerzahlungen zur Voraussetzung für Unterstützungsleistungen machten, sowie eine Verschiebung der Verbrauchsgewohnheiten hin zu besser regulierten Bereichen wie dem Online-Handel und verschiedene Verwaltungsreformen, einschließlich neuer Technologien zur Überwachung, trugen zur Verringerung der Lücke bei.
Es wird zudem erwartet, dass die Mehrwertsteuerlücke weiter abnimmt, da neue EU-Mehrwertsteuerinitiativen – Stichwort VAT in the Digital Age – in Kraft treten, die sowohl Betrug bekämpfen, als auch die Verwaltung vereinfachen.
Neue Entwicklungen in der EU-Mehrwertsteuer
Der Mehrwertsteuerbetrug fiel deutlich geringer aus, seit der Einführung des Mehrwertsteuerpakets für den E-Commerce im Jahr 2021. Dies beinhaltete die Abschaffung der Mehrwertsteuerbefreiung für geringwertige Pakete und die Einführung des One-Stop-Shop-Mechanismus (OSS), der die MwSt.-Meldung und -Zahlung für B2C-Dienstleistungen und den Fernabsatz von Waren vereinfacht. Der Import-One-Stop-Shop (IOSS) für geringwertige Pakete und spezielle Regelungen für Nicht-IOSS-Nutzung wurden ebenfalls eingeführt.
Lokale Maßnahmen, wie in Polen die Einführung des Standards Audit File for Tax und des Split-Payment-Mechanismus, trugen ebenfalls zur Verringerung der Mehrwertsteuerlücke bei. Ab Juli 2024 wird in Polen die ausschließliche Ausstellung von Rechnungen über das nationale System für elektronische Rechnungen verpflichtend, was die Einhaltung der MwSt-Vorschriften weiter verbessern dürfte.
Im Jahr 2022 deckte die Operation Admiral, eine Kooperation der Europäischen Staatsanwaltschaft mit Strafverfolgungsbehörden aus 14 EU-Mitgliedstaaten, einen MwSt.-Karussellbetrug im Wert von 2,2 Milliarden Euro auf. Diese Operation wurde durch Technologien ermöglicht, die den Datenaustausch zwischen den beteiligten Behörden erleichterten.
DAC 7 und CESOP auf Vormarsch
Zusätzlich wurden DAC7 und CESOP als Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung und Schließung der Mehrwertsteuerlücke entwickelt. DAC7, die siebte Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung, trat 2023 in Kraft und führte Meldepflichten für Betreiber digitaler Plattformen ein.
CESOP, das Common European Solution for Online Platforms, zielt darauf ab, den grenzüberschreitenden Online-Handel transparenter zu gestalten und so Mehrwertsteuerbetrug effektiver zu bekämpfen. Diese Initiativen zeigen, dass die EU entschlossen ist, die Mehrwertsteuerlücke nicht nur durch Gesetzgebung, sondern auch durch technologische Innovationen und verstärkte internationale Zusammenarbeit zu schließen.
Ausblick
Die bisherigen Erfolge sind beeindruckend, keine Frage. Echte Strapazen aber, vor allem in fiskalischer Hinsicht, wird uns das Jahr 2024 sicherlich bereiten: Das Karlsruher Urteil zum Nachtragshaushalt 2021 offenbart künftige Finanzlöcher im Bundesetat – die zu erwartenden Mehreinnahmen aus der verringerten MwSt.-Lücke stimmen zumindest optimistisch.
Experten betonen, dass weitere kontinuierliche Anstrengungen erforderlich sind, um es mit dem Kampf gegen Mehrwertsteuerbetrug und -vermeidung aufzunehmen. Die EU steht vor der Aufgabe, ihre Mitgliedstaaten zu unterstützen, um vor allem sicherzustellen, dass die neuen Regelungen effektiv umgesetzt werden und aber auch, dass State-of-the-Art Technologien, bestmöglich vernetzt, zum Einsatz kommen.