Es ist überraschend, wie sehr sich ein genauerer Blick auf diese vermeintlich langweiligen Paletten lohnt. Schon längst haben sie ihren Ruf als einfache Lagerhelfer abgelegt und sind zu hippen Upcycling-Objekten avanciert, die Community Spaces, Wohnzimmer und Kunstgalerien erobern. Doch wie kam es dazu, dass ausgerechnet die Europalette zum Hype wurden?
Eine spannende Frage, die sich nicht nur auf die Vergangenheit bezieht. Denn die digitale Zukunft hält auch für die Paletten einiges bereit. Moderne Varianten kommen mit Trackern und sind richtig „smart“, sie melden sich regelmäßig und haben längst den Status einer “Heldin des Transportwesens” erreicht.
Was steckt also wirklich hinter der schlichten Palettenform und welche Rolle wird sie in der digitalen Zukunft spielen? Eine Frage, die nicht nur für Logistik-Experten interessant ist. Denn wer weiß, vielleicht verbirgt sich in der unscheinbaren Palette ja noch mehr als bisher vermutet
Abriss zur Geschichte der Palette
Zugegeben, die Entwicklung der Palette reicht nicht bis ins Zeitalter der Dinosaurier zurück, dennoch, dass ihre Entwicklung eine lange und faszinierende Geschichte hat, lässt sich leicht rekonstruieren. Bereits im Jahr 500 vor Christus gibt es Hinweise auf die Verwendung von hölzernen Schlitten und Kufen zum Transport von Baumaterialien. Ein eindrucksvolles Beispiel sind u. a. die Pyramiden, die mithilfe solcher Transportmittel errichtet wurden.
In der darauffolgenden Zeit, sie umspannt mehrere Jahrhunderte, entwickelte sich die Palette allmählich. Experimente mit verschiedensten Transport- und Aufbewahrungsmöglichkeiten für Waren – von Boxen und Fässern hin zu Kisten und Säcken, gingen dieser Entwicklung voran. Erst mit der Einführung von normierten Transportbehältern, wie den Vorgängern von Containern, und der Erfindung des Gabelstaplers Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Warenverkehr und die Lagerungssysteme wirklich effizient.
Die Palette spielte dabei eine zentrale Rolle, da sie als einfaches und dennoch robustes Transportmittel für eine Vielzahl von Waren genutzt werden konnte. Die Einführung von Paletten-Standardisierungen ermöglichte es, diese effizienter in den Warenfluss zu integrieren und die Handhabung durch den Gabelstapler zu erleichtern.
Es ist erstaunlich zu sehen, wie sich die einfache Palette zu einem wichtigen Bestandteil moderner Logistik- und Lagerungssysteme entwickelt hat und weiterhin in der digitalen Zukunft eine bedeutende Rolle spielen wird.
Als logistischer Meilenstein gilt aber die Erfindung des Gabelstaplers im Jahr 1920 durch die amerikanische Firma Clark Equipment. Doch um das volle Potenzial dieser Maschine auszuschöpfen, bedurfte es einer weiteren Neuerung im Transportwesen. Bereits 1924 meldete Howard T. Hallowell ein Patent für die „Lift Truck Platform“ an – eine der ersten Paletten überhaupt. Bis in die 30-er Jahre wurden weitere Patente angemeldet, wodurch sich die Transportpalette, wie wir sie heute kennen, allmählich entwickelte.
Übrigens, die „Europalette“ hat ihren Namen von ihrer Entstehung und Standardisierung in Europa. In den 1960er-Jahren wurde sie von der European Pallet Association (EPAL) entwickelt, um den Transport von Waren zu vereinfachen. Die EPAL kontrolliert und reguliert die Herstellung, Instandhaltung und den Austausch von Europaletten in Europa und weltweit. Aufgrund ihrer Standardisierung und robusten Bauweise werden Europaletten heute weltweit in verschiedenen Branchen und Wirtschaftszweigen eingesetzt. Sie sind oft bevorzugt gegenüber anderen Palettenarten. Es ist jedoch zu beachten, dass es auch andere standardisierte Palettenarten gibt, die in anderen Regionen der Welt weitverbreitet sind, wie die “GMA-Palette” (Grocery Manufacturers Association) in Nordamerika oder die “Australian Standard Pallet” in Australien.
Alles Paletti?
In der Welt der Logistik sind Paletten in der modernen Transportwirtschaft unverzichtbar. Mit einer Vielzahl von Varianten und Abmessungen gibt es für jeden Einsatzzweck das passende Modell. Paletten werden nach ihrer Konstruktion unterschieden, darunter 2- und 4-Wege-Paletten. Letztere können von allen Seiten unterfahren und angehoben werden, was ihre Handhabung erleichtert. Es gibt auch spezielle Paletten für besondere Anforderungen, wie Reinraumpaletten. Diese sind meist aus abwaschbarem und desinfizierbarem Metall oder Kunststoff gefertigt.
Mehrwegpaletten sind im Gegensatz zu Einwegpaletten Teil eines Tauschsystems und sind in der Regel stabiler. Die bekannteste Mehrwegpalette ist die Europalette, welche an ihrem EPAL-Siegel zu erkennen ist. Diese genormte Palette mit abgerundeten Kanten ist bis zu einer Tonne belastbar. Wenn Sie jedoch planen, Möbel aus Paletten zu bauen, sollten Sie auf das IPPC-Siegel für schädlingsfreies Holz achten. Außerdem sollten die Eck- und Mittelklötze aus massivem Holz und nicht aus Pressspan bestehen. Pressspan neigt dazu, bei Feuchtigkeit zu bröseln, während Massivholz länger haltbar und belastbarer ist.
Der Big Player: EPAL
Die European Pallet Association e. V. (EPAL) blickt zufrieden auf das Geschäftsjahr 2022: Wie der Verband mitteilte, konnte die Produktion von Europlatten im vergangenen Jahr auf einen neuen Rekordwert gesteigert werden.
Insgesamt wurden 109,05 Millionen Europlatten produziert, was ein Wachstum von 7,55 Prozent genauer gesagt 7,65 Millionen EPAL-Europaletten im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Bereits im Jahr 2021 wurden erstmals in einem Kalenderjahr über 100 Millionen neue Europlatten hergestellt. Der Erfolg der EPAL zeigt einmal mehr, dass Europlatten nach wie vor eine zentrale Rolle im Warentransport spielen und eine hohe Nachfrage verzeichnen.
Aber die Palette „macht sich“, sie wird weiterentwickelt und den heutigen Bedürfnissen der modernen Logistik angepasst.
Kunststoffpaletten H1: Branchenstandard für Hygiene
Die H1-Kunststoffpalette, auch bekannt als Hygienepalette, wurde speziell entwickelt, um den hohen Anforderungen in der Lebensmittel-, Pharma- und Chemieindustrie gerecht zu werden. Sie entspricht den strengen Hygienestandards und ist daher ideal für den Transport sensibler Güter. Mit einer Standardgröße von 1200 × 800 mm und einer Tragfähigkeit von bis zu 1250 kg im Hochregallager ist die H1-Palette optimal auf die Bedürfnisse der Logistikbranche abgestimmt.
Die Palette besteht aus HDPE (hochdichtem Polyethylen) oder PP (Polypropylen), was sie besonders widerstandsfähig gegen Chemikalien, UV-Strahlung und Temperaturschwankungen macht. Zudem ist sie leicht zu reinigen, da sie keine Nägel, Splitter oder scharfen Kanten aufweist, wie es bei Holzpaletten der Fall sein kann. Die glatten Oberflächen und geschlossenen Kufen ermöglichen eine einfache Reinigung und verhindern das Eindringen von Schmutz oder Bakterien.
Ein weiterer Vorteil der H1-Kunststoffpalette ist ihre Reparaturfähigkeit. Bei Beschädigung können einzelne Bauteile leicht ausgetauscht werden, was den Lebenszyklus der Palette verlängert und Ressourcen schont. Die Entsorgung der H1-Paletten gestaltet sich ebenfalls umweltfreundlich, da sie zu 100 % recycelbar sind und somit in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden können.
Weitere Paletten-Standards
Neben der bekannten Europalette gibt es auch andere weitverbreitete Palettenstandards, die sich regional oder branchenspezifisch etabliert haben. In Nordamerika ist die sogenannte “GMA-Palette” (Grocery Manufacturers Association) weitverbreitet. Sie hat eine standardisierte Größe von 48 × 40 Zoll (ca. 121,9 x 101,6 cm) und wird häufig im Lebensmittel- und Einzelhandelssektor eingesetzt.
Die Australian Standard Pallet ist in Australien gebräuchlich und weist Maße von 1165 × 1165 mm auf. Sie ist aufgrund ihrer Größe und Stabilität für den australischen Markt und die spezifischen Bedürfnisse der dortigen Industrie angepasst.
Ein weiteres Beispiel für standardisierte Paletten ist die ISO-Palette, die auf internationalen Normen basiert. Diese Paletten sind in sechs unterschiedlichen Größen erhältlich und wurden von der Internationalen Organisation für Normung (ISO) festgelegt. Sie sind so konzipiert, dass sie effizient in Standard-ISO-Containern transportiert werden können, was den internationalen Warenverkehr erleichtert.
Quo Vadis, Europalette?
Die Palette ist und bleibt ein fester Bestandteil vor allem in der Logistik und Warenwirtschaft, sie ist nicht mehr wegzudenken.
Mit geschätzten 350–500 Millionen im Einsatz befindlichen EPAL-lizensierten Paletten und einer unvorstellbar hohen Anzahl von anderen Paletten verschiedenster Hersteller weltweit ist die Palette aus heutiger und zukünftiger Sicht unverzichtbar. Ob produzierendes Gewerbe oder Handel – niemand kommt ohne sie aus. Das zeigt, dass oft die einfachsten Dinge den größten Nutzen und weltweiten Erfolg bringen können. Die Geschichte der Palette belegt eindrucksvoll, wie ein scheinbar einfaches Objekt die globale Wirtschaft revolutioniert hat. Heutzutage ist die Palette eine der wichtigsten Errungenschaften im Bereich der Logistik und hat dazu beigetragen, dass Warentransporte einfacher, schneller und effizienter geworden sind.
Die Zukunft der EPAL hingegen steht vor einer Reihe von Herausforderungen und Möglichkeiten. Während Holzpaletten weiterhin einen bedeutenden Marktanteil halten, gewinnen umweltfreundliche Alternativen wie die bereits erwähnten H1-Kunststoffpaletten an Bedeutung. Um im Wettbewerb bestehen zu können, setzt EPAL auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung. So hat die Organisation beispielsweise 2018 ein Pilotprojekt zur Einführung von NFC (Near Field Communication) Chips in ihre Paletten gestartet, um den Palettentausch effizienter und transparenter zu gestalten.
Darüber hinaus hat EPAL-Maßnahmen ergriffen, um ihre Holzpaletten nachhaltiger zu gestalten. Das PEFC-Siegel (Programme for the Endorsement of Forest Certification) garantiert, dass das verwendete Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt. Diese Bemühungen tragen dazu bei, den ökologischen Fußabdruck von EPAL-Holzpaletten zu reduzieren und den steigenden Anforderungen der Logistikbranche gerecht zu werden. Um den Bedürfnissen der Branche weiterhin gerecht zu werden, muss EPAL sich auf Innovation und Anpassungsfähigkeit konzentrieren und gleichzeitig die Vorteile von Holzpaletten hervorheben, um im Wettbewerb mit alternativen Palettentypen bestehen zu können.