Ein breites Bündnis aus Wirtschaftsverbänden, Kammern, Steuerberatern und Unternehmen aus Industrie, Handel und Logistik fordert dringend weitere Reformen bei der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) von den deutschen Finanzministern. Sie kritisieren das Ende 2020 geänderte Verfahren als aufwendig und als Standortnachteil, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen. Das Bündnis fordert die Einführung der Direktverrechnung, ein Verfahren, das in fast allen anderen EU-Mitgliedstaaten bereits angewendet wird.
Derzeit zahlen Unternehmen bei der Einfuhr von Waren in die EU die Steuer an den Bund, melden diese Wochen später bei den Landesfinanzverwaltungen als Vorsteuer an und erhalten noch später mögliche Rückerstattungen. Dieses Verfahren stellt eine hohe finanzielle und administrative Belastung für Bund, Länder und Wirtschaft dar.
Ein kürzlich veröffentlichtes Gutachten des Deutschen Maritimen Zentrums (DMZ) hat erneut die Vorteile der Direktverrechnung hervorgehoben. Dieses Modell ist in fast allen anderen europäischen Ländern, wie Polen, Belgien oder den Niederlanden, bereits etabliert. Auch Österreich, das ebenfalls föderal organisiert ist, wendet dieses vereinfachte Steuerverfahren an. Das Bündnis fordert die deutschen Minister auf, endlich ein deutsches Modell der Direktverrechnung umzusetzen.
Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), erklärte für das Bündnis: „Die derzeitige Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer ist aufwendig und stellt einen echten Wettbewerbsnachteil dar. Wir fordern die Finanzminister von Bund und Ländern auf, die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer zu vereinfachen und die hiesigen Unternehmen im Wettbewerb zu stärken. Die Finanzminister müssen jetzt handeln!“
Großbritannien vereinfacht Einfuhrkontrollen mit neuem Modell
Die britische Regierung hat ein neues „Border Target Operating Model“ (TOM) vorgeschlagen, um die Grenzkontrollen bei der Einfuhr zu vereinfachen und zu digitalisieren. Das in Zusammenarbeit mit Interessengruppen und Regionalregierungen entwickelte Modell wird die Sicherheits- und Hygienekontrollen straffen, insbesondere bei der Einfuhr von Lebensmitteln, lebenden Tieren und Pflanzen aus der EU. Der Plan sieht auch eine Überarbeitung der Ausfuhrgesundheitsbescheinigungen (EHC) für importierte Tiere und tierische Erzeugnisse vor, die kürzer und logischer formatiert werden sollen. Die Rückmeldungen zum Entwurf des Modells werden derzeit ausgewertet, um die endgültige Version zu verfeinern.
Briten brechen Online-Einkäufe im Wert von 31,5 Mrd. Pfund ab
Laut einer Umfrage des Multi-Carrier-Dienstleisters GFS und Retail Economics entgehen Online-Händlern jährlich schätzungsweise 31,5 Milliarden Pfund Umsatz durch Lieferprobleme an der Kasse. Die Studie ergab, dass 24,8 % der britischen Kunden ihre Einkäufe an der Kasse aufgrund verschiedener Lieferprobleme abbrechen. Der Verlust von 31,5 Milliarden Pfund wird auf Faktoren wie fehlende Lieferoptionen (7,2 Milliarden Pfund), Kostenerwartungen (4,9 Milliarden Pfund), Liefergeschwindigkeit (4,5 Milliarden Pfund) und Rückgabepolitik (4,2 Milliarden Pfund) zurückgeführt.
Obwohl 80 % der befragten E-Commerce- und Supply-Chain-Fachleute Vertrauen in ihre Lieferdienste bekunden, zeigt der Bericht eine erhebliche Kluft zwischen dem Service der Einzelhändler und den Erwartungen der Verbraucher. Während 83 % der Einzelhändler glauben, dass sie eine breite Palette von Lieferoptionen anbieten, stimmen nur 48 % der Verbraucher dieser Aussage zu.
Interessanterweise ergab die Studie, dass die Verbraucher bereit sind, für erstklassige Zustell- und Rückgabeservices zu zahlen: 75 % sind bereit, für eine Zustellung am selben Tag, am nächsten Tag oder für eine nominierte Zustellung zusätzlich zu zahlen. Diese Zahl steigt bei den Millennials auf 95 %.
Die Einzelhändler haben erkannt, dass sie die Kundenerfahrung verbessern müssen, indem sie die Lieferoptionen ausweiten, kostenlosen oder kostengünstigen Versand anbieten und die Lieferzeiten verkürzen. Die Haupthindernisse für die Verbesserung der Lieferoptionen sind jedoch die hohen Betriebskosten und die Komplexität der Zusammenarbeit mit mehreren Transportunternehmen.
ECOFIN erörtert ‘Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter’
Auf seiner bevorstehenden Tagung wird der Rat „Wirtschaft und Finanzen“ (ECOFIN) Schlüsselthemen wie digitale Besteuerung, Einzelhandelsinvestitionen, Finanzdienstleistungen und wirtschaftliche Governance erörtern. Der Rat wird das Paket „Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter“ (ViDA) erörtern, das darauf abzielt, die Mehrwertsteuerberichterstattung zu modernisieren und die Herausforderungen der Plattformökonomie zu bewältigen. Die Kommission wird möglicherweise ihr Paket zu Privatanlegerinvestitionen vorlegen, mit dem die Verbraucher gestärkt und faire Marktergebnisse gewährleistet werden sollen. Der Rat wird auch den Stand der Gesetzgebungsvorschläge im Bereich der Finanzdienstleistungen prüfen und die vorgeschlagene Reform des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung erörtern. Weitere Themen sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der russischen Aggression gegen die Ukraine und die Annahme eines geänderten Konjunktur- und Resilienzplans für Estland.
Steuerkarussell: 28 Mio. €-Betrug in Italien aufgedeckt
Die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) und die italienische Finanzpolizei haben den mutmaßlichen Anführer eines Mehrwertsteuerbetrugs verhaftet, der zu einem geschätzten Schaden von 28 Millionen Euro geführt hat. Der Verdächtige, ein in Polen ansässiger Italiener, wurde im Zuge der Ermittlungen zu einem komplexen „Karussell“-Betrugssystem festgenommen, bei dem die EU-Vorschriften für grenzüberschreitende Umsätze ausgenutzt wurden.
Die kriminelle Gruppe soll über fiktive Unternehmen mit Sitz in Italien und der EU elektronische Produkte im Ausland gekauft haben, um die Mehrwertsteuer zu hinterziehen. Bei den Ermittlungen wurden 70 Scheinfirmen in ganz Europa aufgedeckt und über 20 Personen verwickelt. Das System ermöglichte es der Gruppe, Mehrwertsteuergutschriften in Millionenhöhe zu erwirtschaften und davon zu profitieren, dass sie technische Produkte zu deutlich niedrigeren Preisen verkaufte als ehrliche Unternehmen.
Vermögenswerte im Wert von mehr als 28 Millionen Euro wurden eingefroren, um den Schaden für die nationalen und EU-Haushalte wiedergutzumachen. Dazu gehören Firmenanteile des mutmaßlichen Rädelsführers und Immobilien in Bologna. Der MwSt.-Karussellbetrug, auch bekannt als Missing Trader Intra-Community (MTIC)-Betrug, kostet die EU-Mitgliedstaaten nach Schätzungen von Europol jährlich rund 50 Milliarden Euro an Steuerausfällen.