E-Commerce | 23. März 2023

Digital Services Act: Schutz und Verantwortung in der digitalen Welt

Am Digital Services Act (DSA) kommt derzeit kaum jemand vorbei, doch wer genau fällt unter dieses bahnbrechende Gesetz der Europäischen Union? Wir werfen einen genauen Blick darauf, welche Unternehmen und Dienste von den neuen Regelungen betroffen sind und wie sich das auf deren Zukunft vermutlich auswirken wird. von

Unbestritten, das Internet hat sich zu einer wichtigen Konstante und tragenden Säule der Gesellschaften weltweit entwickelt. Schöne neue Welten eröffnen sich, da einem: Vor dem Urlaub noch den Weg ins Reisebüro antreten und nervig lange Beratungsgespräche über sich ergehen lassen? Passé! Heutzutage bucht man selbstverständlich online. Ob Flug, Hotel, Restaurant oder ein Uber – alles ist bequem vom Handy aus fix erledigt. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Oder um es galanter zu formulieren:

Die viel beschworene digitalisierte Welt mit seinen zahlreichen Vorteilen bringt auch Herausforderungen in Bezug auf Datenschutz, Verantwortung und Rechtsprechung mit sich. Und um diesen neuen Realitäten gerecht zu werden, hat die Europäische Union (EU) den Digital Services Act (DSA) am 16.11.2022 eingeführt. Der DSA ist ein wegweisendes Gesetz, das die Regeln für die Verantwortlichkeit von Online-Plattformen und den Schutz der Nutzerrechte in der digitalen Welt neu definiert.

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Hintergründe des Digital Services Act

Die Ursprünge des DSA gehen auf das Jahr 2000 zurück, als die EU die E-Commerce-Richtlinie verabschiedete, welche die Grundlage für die Haftungsbeschränkungen von Online-Plattformen bildete. Doch im Laufe der Jahre zeigte sich, dass diese Richtlinie den aktuellen Anforderungen, vor allem aber den Entwicklungen der digitalen Welt nicht mehr gerecht wurden – sie waren in mehrfacher Hinsicht überholt. Um diese Lücke zu schließen, wurde der DSA 2022  ins Leben gerufen.

In einer kürzlich veröffentlichten Ankündigung mussten Online-Plattformen ihre Nutzerzahlen bis zum 17. Februar 2023 offenlegen. Die Europäische Kommission hat festgelegt, dass Plattformen oder Suchmaschinen mit mehr als 45 Millionen Nutzern, was 10 % der europäischen Bevölkerung entspricht, als „sehr große Online-Plattformen“ oder „sehr große Online-Suchmaschinen“ eingestuft werden.

Diese Kategorie von Diensten wird strenger reguliert und hat vier Monate Zeit, um den Forderungen der Datenschutzbehörde nachzukommen. Dazu gehört auch die Durchführung und Einreichung der ersten jährlichen Risikobewertung bei der Europäischen Kommission.

Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, bis zum 17. Februar 2024 Koordinatoren für digitale Dienste zu ernennen. Diese Regelung betrifft auch Online-Plattformen mit weniger als 45 Millionen aktiven Nutzern, die dennoch alle Vorschriften für digitale Dienste einhalten müssen.

Der DSA zielt demnach darauf ab, den Verbraucherschutz, somit vorrangig die User, im digitalen Raum zu stärken, indem er den Rahmen für die Regulierung von Online-Plattformen, wie sozialen Medien, E-Commerce-Websites und anderen digitalen Dienstleistern, aktualisiert und klarer definiert. Durch die Einführung von Transparenz- und Haftungsregeln soll der DSA sicherstellen, dass die Nutzerrechte geschützt und die Verantwortung von Online-Plattformen gewährleistet wird.

Der DSA – wo greift er?

Die Bedeutung des DSA für die Gesellschaft lässt sich in drei Hauptbereichen zusammenfassen:

  • Schutz der Nutzerrechte: Der DSA bietet den Nutzern einen besseren Schutz ihrer Rechte, indem er klare Regeln für die Entfernung illegaler Inhalte, die Bekämpfung von Desinformation und die Wahrung der Meinungsfreiheit aufstellt. Dies fördert eine sicherere und verantwortungsvollere Online-Umgebung.
  • Transparenz und Verantwortung: Durch den DSA werden Online-Plattformen dazu verpflichtet, transparenter über ihre Moderationspraktiken und Algorithmen zu informieren. Dies ermöglicht es Nutzern und Regulierungsbehörden, die Entscheidungen und Vorgehensweisen dieser Plattformen besser nachzuvollziehen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten.
  • Stärkung des Binnenmarkts: Der DSA trägt zur Schaffung eines harmonisierten digitalen Binnenmarkts bei, indem er einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für alle EU-Mitgliedstaaten bietet. Dies fördert primär Wettbewerb, Innovation und Wachstum im digitalen Sektor und kommt letztlich den Verbrauchern zugute.

Das ist in der Theorie erstmals gut und schön, auch, weil der Digital Services Act ein wichtiger Schritt in Richtung einer gerechteren, sichereren und transparenteren digitalen Welt ist. Er erkennt die Herausforderungen an, denen sich unsere Gesellschaften in der zunehmend vernetzten Welt stellen müssen, und setzt klare Regeln für die Verantwortlichkeit und den Schutz und Rechten der User. In der Praxis heißt es dann aber zu regulieren, ohne zu zensieren. Auch der Ermessensspielraum von Facebook und Co. wird künftig sicherlich zu Diskussionen führen, hauptsächlich dann, wenn die viel zitierte Meinungsfreiheit als Argument herangezogen wird.

Der DSA – nur gemeinsam wird’s gehen

Die Umsetzung des Digital Services Act ist ein laufender Prozess, der eine enge Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten, Regulierungsbehörden, Online-Plattformen und Nutzern erfordert. Es ist entscheidend, dass alle Beteiligten zusammenarbeiten, um die Ziele des DSA erfolgreich umzusetzen und die Chancen, die die digitale Welt bietet, optimal zu nutzen.

In den kommenden Jahren werden wir wahrscheinlich weitere Gesetzesinitiativen auf nationaler und internationaler Ebene sehen, die sich auf den digitalen Raum auswirken. Der Digital Services Act ist jedoch ein solider Ausgangspunkt, der den Rahmen für einen besseren Schutz der Nutzer und eine größere Verantwortung der Online-Plattformen setzt.

Haftungsregeln für illegale Inhalte im Digital Services Act

Zudem bringt der Digital Services Act (DSA) neue Haftungsregeln für Access-, Caching– und Hosting-Dienste mit sich. Wie sehen diese aus?

  • Access-Dienste: Dienste, die den Zugriff auf bestimmte Ressourcen ermöglichen, z. B. Virtual Private Network (VPN) oder Remote Desktop. Praxisbeispiel: Ein Unternehmen nutzt einen VPN-Dienst, um seinen Mitarbeitern sicheren Remote-Zugriff auf das interne Netzwerk zu ermöglichen, wenn sie von zu Hause oder von unterwegs arbeiten.
  • Caching-Dienste: Dienste, die Zwischenspeicher nutzen, um Daten schneller bereitzustellen. Ein Beispiel hierfür sind Content Delivery Networks (CDNs). Praxisbeispiel: Ein Online-Shop nutzt ein CDN, um die Ladezeit seiner Webseite zu reduzieren, indem es Kopien der Webseite auf Servern auf der ganzen Welt verteilt, um sie näher an den Benutzern zu platzieren.
  • Hosting-Dienste: Dienste, die die Bereitstellung von Inhalten im Internet ermöglichen, z. B. Webhosting für Websites oder Cloud-Hosting für Anwendungen. Praxisbeispiel: Ein Entwickler nutzt Cloud-Hosting, um eine Anwendung in einer virtuellen Umgebung zu betreiben, ohne selbst Server und Infrastruktur bereitstellen zu müssen. Die Anwendung wird in der Cloud gehostet und kann von Benutzern über das Internet abgerufen werden.

Im Kern sollen Diensteanbieter grundsätzlich nicht für die Übermittlung rechtswidriger Inhalte haften. Allerdings gibt es wichtige Ausnahmen und Bedingungen, die in verschiedenen Fällen greifen.

Access-Provider, die Internetzugangsdienste bereitstellen, dürfen die Übermittlung von Inhalten nicht selbst veranlasst oder den Adressaten des Inhalts ausgewählt haben, um von der Haftung befreit zu sein. Caching- und Hosting-Dienste unterliegen zusätzlichen Pflichten, wie der Sperrung oder Entfernung von rechtswidrigen Inhalten.

Hosting-Anbieter sind von der Haftung befreit, solange sie keine tatsächliche Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten haben. Sobald sie jedoch Kenntnis erlangen, müssen sie die betreffenden Inhalte zügig sperren oder entfernen. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass der DSA keine Überwachungspflicht für Diensteanbieter vorsieht.

Eine bemerkenswerte Neuerung ist die „Guter-Samariter-Klausel“. Diese Regelung ermöglicht es Diensteanbietern wie z. B. Facebook oder Instagram, freiwillige Nachforschungen durchzuführen, ohne ihre Haftungserleichterungen zu verlieren. Das bedeutet, dass sie proaktiv nach rechtswidrigen Inhalten suchen können, ohne befürchten zu müssen, ihre Haftungsprivilegien einzubüßen. Die neuen Haftungsregeln im DSA sollen dazu beitragen, die Verantwortung von Online-Plattformen für illegale Inhalte zu klären und gleichzeitig Anreize für die aktive Bekämpfung solcher Inhalte zu schaffen. Dies wird für mehr Rechtssicherheit für Anbieter und Nutzer sorgen und dabei helfen, das Internet für alle sicherer und verantwortungsbewusster zu gestalten.

Was ist der DMA (Digital Market Act)?

Der DMA (Digital Markets Act) ist ein weiterer Gesetzentwurf der Europäischen Union, der sich auf die Regulierung von Online-Plattformen konzentriert. Der DMA ist speziell auf große Plattformen mit signifikanter Marktmacht ausgerichtet und hat zum Ziel, Wettbewerb und Innovation in der digitalen Wirtschaft zu fördern.

Obwohl der DMA und der DSA unterschiedliche Ziele verfolgen, gibt es eine enge Beziehung zwischen den beiden Gesetzentwürfen. Tatsächlich wurden die beiden Entwürfe von der EU-Kommission gemeinsam vorgeschlagen, um eine kohärente und umfassende Regulierung der Digitalwirtschaft zu gewährleisten.

Der DMA und der DSA ergänzen sich, da der DMA sich auf den Wettbewerb und die Marktmacht von Online-Plattformen konzentriert, während der DSA sich auf die Verantwortlichkeiten der Plattformen ihren Nutzern gegenüber konzentriert. Beide Gesetzentwürfe zielen jedoch darauf ab, den Schutz von Verbrauchern und kleinen Unternehmen im digitalen Raum zu verbessern und ein faireres und offeneres Online-Ökosystem zu schaffen.

Fazit

Der Digital Services Act markiert einen beinahe überfälligen Wendepunkt in der Regulierung der digitalen Welt und stellt weiterhin sicher, dass das Internet ein Ort bleibt, an dem Innovation, Meinungsfreiheit und Datenschutz im Vordergrund stehen. Aber auch, ganz wie in der analogen Welt, die lauernden Gefahren nicht weiter sanktionsfrei hinzunehmen, die von einigen ausgehen, während sie die digitale Welt als -zumindest in Teilbereichen – rechtsfreien Raum missbrauchen, um weiterhin Hass und Hetze zu schüren.

Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass wir uns an die neuen Realitäten anpassen und den digitalen Raum als eine Chance sehen, unsere Lebensqualität weiter zu verbessern und gemeinsam zu wachsen. Die Einführung des DSA zeigt, dass die EU bereit ist, die Herausforderungen der digitalen Ära anzugehen und eine gerechte und verantwortungsbewusste Online-Umgebung zu schaffen. Es liegt nun an uns allen, diese Regelungen in die Praxis umzusetzen und die Vorteile einer sicheren, transparenten und florierenden digitalen Welt zu nutzen.

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