Jedes Jahr, zum Jahresende, berät der Deutsche Bundestag das Jahressteuergesetz, in dem Neuregelungen für das folgende Jahr zu verschiedenen Steuergesetzen im Paket beschlossen werden. Das Jahressteuergesetz 2022, das am 2. Dezember vom Bundestag verabschiedet wurde, enthält erstmals eine umfassende Veränderung der steuerlichen Behandlung von Photovoltaik-Anlagen.
Das Gesetzespaket enthält drei wesentliche Änderungen für die Photovoltaik:
- Bei der Umsatzsteuer wird ein neuer 0%-Steuersatz eingeführt, der vielen Käufern künftig praktisch eine Anschaffung ohne Mehrwertsteuer ermöglicht.
- Die Betreiber kleiner Photovoltaik-Anlagen werden vollständig von der Einkommensteuer befreit, was sowohl für neue als auch für bestehende Anlagen gilt.
- Das Steuerberatungsgesetz (StBerG) wird so geändert, dass Lohnsteuerhilfevereine künftig die Einkommensteuererklärung auch für die von der Einkommensteuer befreite Betreiber von Photovoltaik-Anlagen erstellen dürfen.
Neues Steuerrecht für Photovoltaik-Anlagen
Mit den neuen Regeln wird ein Großteil der steuerlichen Probleme bei kleinen Photovoltaik-Anlagen gelöst und die Steuerbürokratie hier weitgehend abgeschafft. Gerade in der Übergangszeit werden die neuen Regeln aber noch viele Anwendungsfragen aufwerfen.
Seit die Pläne bekannt wurden, sorgte hauptsächlich die Umsatzsteuer für zahlreiche Fragen. Gewöhnungsbedürftig ist dabei der neu eingeführte Steuersatz für Photovoltaik-Anlagen von null Prozent, den es im deutschen Steuerrecht bisher nicht gibt. Möglich wird dieser durch eine erst kürzlich geschaffene Regelung in der europäischen Umsatzsteuerrichtlinie und Deutschland ist hier Vorreiter in der Umsetzung. Formal handelt es sich nicht um eine Umsatzsteuerbefreiung beim Verkauf einer Photovoltaik-Anlage, sondern der Lieferant oder Installateur stellt dem Kunden den Nettopreis „zuzüglich 0 Prozent Umsatzsteuer“ in Rechnung.
Eine Umsatzsteuerbefreiung hätte zur Folge, dass der Installationsbetrieb seinerseits beim Kauf der Komponenten die Vorsteuer nicht vom Finanzamt verrechnet bekäme und somit teurer einkaufen müsste. Die jetzt gefundene Regelung mit dem Nullsteuersatz ermöglicht dagegen die übliche Vorsteuererstattung in der gesamten Lieferkette. Erst in der Rechnung an den Endanwender wird der Nullsteuersatz angewandt.
Fragen und erste Antworten zur neuen Steuerregelung
Besonders im Übergang zum Nullsteuersatz tauchen für Käufer und Verkäufer neue Fragen und Probleme auf:
Gerade wurde die Anlage geliefert und installiert. Soll sie noch in Betrieb genommen werden?
Damit der Nullsteuersatz angewandt werden kann, darf die Lieferung und/oder Installation erst ab dem 1.1.2023 abgeschlossen sein. Wenn eine Lieferung und Installation vereinbart wurde, sollte deshalb die Anlage erst im neuen Jahr in fertiggestellt und in Betrieb genommen werden, damit der Lieferant den Nullsteuersatz anwenden darf.
Kann der Speicher im Jahr 2023 für eine Anlage, die jetzt schon läuft, mit dem Nullsteuersatz gekauft werden?
Die Nachrüstung eines Speichers bei einer bestehenden Anlage wird voraussichtlich mit dem Nullsteuersatz in Rechnung gestellt werden können. Das Gleiche gilt für den Austausch wesentlicher Komponenten in bestehenden Anlagen (Solarmodule, Wechselrichter) ab 2023.
Kann ich mir die Mehrwertsteuer für eine bereits gekaufte Anlage vom Finanzamt erstatten lassen?
Nein, denn es handelt sich beim Nullsteuersatz nicht um eine Erstattungsmöglichkeit für bezahlten Umsatzsteuer, sondern um einen Steuersatz, der bei Abrechnung der Lieferung oder Installation anzuwenden ist. Falls der Fachbetrieb aber für eine Anlage, die erst 2023 fertiggestellt wird, fälschlicherweise zunächst mit 19 Prozent abrechnet, kann er diese Rechnung korrigieren.
Was ist mit den 19 Prozent Umsatzsteuer, die mir der Fachbetrieb in den Anzahlungen 2022 in Rechnung gestellt hat, wenn die Anlage erst 2023 fertig wird und dann der Nullsteuersatz gilt?
Wenn die Lieferung und Installation der Anlage tatsächlich erst im Jahr 2023 abgeschlossen ist, ist der Nullsteuersatz für den Gesamtbetrag abzurechnen. Anzahlungen aus dem Jahr 2022 wurden richtigerweise noch mit 19 Prozent in Rechnung gestellt. Der Fachbetrieb rechnet in der Schlussrechnung gegenüber dem Kunden den Gesamtpreis der Anlage mit dem Nullsteuersatz ab. Dabei werden die zuvor bezahlten Anzahlungen einschließlich Umsatzsteuer abgezogen. So zahlt der Kunde nur den Nettobetrag. Der Fachbetrieb korrigiert die Umsatzsteuer aus den Anzahlungen gegenüber dem Finanzamt und erhält die bereits abgeführte Umsatzsteuer aus den Anzahlungsrechnungen auf diese Weise zurück.
Wenn ich die Anlage noch 2022 als Bausatz gekauft habe und sie bereits geliefert und abgerechnet wurde, kann ich dann 2023 noch vom Nullsteuersatz profitieren?
In diesem Fall ist die Lieferung bereits 2022 vollständig abgeschlossen und deshalb bleibt es hier bei 19 Prozent Umsatzsteuer.
Wie ist es, wenn die Anlage von einer Firma geliefert wurde und von einem anderen Betrieb installiert wird und jeweils separat abgerechnet wurde?
Hier handelt es sich in der Regel um zwei getrennte Teilleistungen und deshalb richtet sich der Steuersatz nach dem Datum der Lieferung bzw. der Installation. Wurde 2022 geliefert und 2023 installiert und in Betrieb genommen, ist die Lieferung mit 19 Prozent und die Installation mit null Prozent abzurechnen.
Muss der Strom aus der Anlage, der an Wohnungsmieter im Haus geliefert wird, mit Umsatzsteuer verkauft werden?
Der Nullsteuersatz gilt für die Anschaffung und Installation der Anlage und wesentlicher Komponenten – nicht für die Lieferung von Strom, den die Anlage erzeugt. Stromlieferungen sind weiterhin mit 19 Prozent Umsatzsteuer abzurechnen, falls der Verkäufer umsatzsteuerpflichtig ist. Kann er die Kleinunternehmerregelung wählen und tut das, fällt keine Umsatzsteuer bei der Stromlieferung an.
Kann man vom Nullsteuersatz profitieren und gleichzeitig die Handwerkerleistung bei der Einkommensteuer geltend machen?
Ja, das ist möglich, weil das Umsatzsteuerrecht nicht mit dem Einkommensteuerrecht verknüpft ist.
Hat ein privater Kunde Anspruch auf den Nettopreis plus null Umsatzsteuer, auch wenn ein Bruttopreis vereinbart wurde?
Das hängt grundsätzliche von den Details der Vereinbarung im Kaufvertrag ab und wann dieser geschlossen wurde. Wurde ein Bruttobetrag vereinbart ohne nähere Details zur Umsatzsteuer, hat der Verkäufer grundsätzlich Anspruch auf diesen Bruttobetrag, selbst wenn der Umsatzsteuersatz sinkt. Je nach Details des Kaufvertrags kann jedoch auch ein rechtlicher Anspruch auf die Weitergabe der Umsatzsteuersenkung bestehen.
Die nächsten Schritte
Der Deutsche Bundestag hat das Jahressteuergesetz am 2. Dezember abschließend beraten. Der Bundesrat muss am 16. Dezember 2022 in seiner letzten Sitzung des Jahres noch formal zustimmen. Danach tritt das Gesetz in Kraft und die Einkommensteuerbefreiung wird schon für das aktuelle Steuerjahr 2022 rückwirkend wirksam.
Ab 1. Januar 2023 ist dann auch der neue Steuersatz von 0 % in der Umsatzsteuer anzuwenden. Wann das Bundesfinanzministerium seine Anwendungshinweise veröffentlicht, ist derzeit noch nicht absehbar.
Quelle: pv-magazine.de