Gleichzeitig zeigen neue Zahlen, dass sich die „Umsatzsteuerlücke“ (die Differenz zwischen den erwarteten und den tatsächlich erhobenen Umsatzsteuereinnahmen) in der EU im Jahr 2020 auf 93 Milliarden Euro beläuft. Nach vorsichtigen Schätzungen ist ein Viertel dieses Betrags direkt auf Umsatzsteuerbetrug im Zusammenhang mit dem EU-Handel zurückzuführen, der nach wie vor ein großes Problem darstellt. In einer Zeit, in der die Regierungen auf nachhaltige Einnahmen angewiesen sind, um die aktuelle wirtschaftliche Unsicherheit zu überstehen, müssen die Bemühungen zur Eindämmung dieser Verluste beschleunigt werden.
Unternehmen, die die Vorteile des Binnenmarktes nutzen wollen, insbesondere KMU, müssen sich derzeit mit bis zu 27 verschiedenen nationalen Umsatzsteuersystemen auseinandersetzen, von denen jedes seine eigenen Meldepflichten hat. Diese Zersplitterung kann für Unternehmen, die wachsen oder in andere EU-Märkte eintauchen wollen, einen erheblichen Verwaltungsaufwand und finanzielle Kosten mit sich bringen. Gleichzeitig hat die mangelnde Klarheit darüber, wie die Online-Plattformwirtschaft für Umsatzsteuerzwecke behandelt werden sollte, zu unfairen Wettbewerbsbedingungen gegenüber der traditionelleren Wirtschaft geführt, insbesondere im Beherbergungs- und im Verkehrssektor.
Um diese Probleme anzugehen, hat sich die Kommission in ihrem Steueraktionsplan 2020 verpflichtet, Maßnahmen zur Modernisierung der USt-Meldepflichten, zur Stärkung der Fähigkeit der Mitgliedstaaten, grenzüberschreitende Umsätze zu verfolgen, zur Einführung einer einzigen USt-Registrierung in der EU für Unternehmen und zur Aktualisierung der USt-Vorschriften für die Plattformwirtschaft vorzulegen.
Die Vorschläge
Das Paket „Umsatzsteuer im digitalen Zeitalter“ (ViDA – VAT in the digital Age) nutzt die Vorteile des technologischen und digitalen Fortschritts voll aus, um ein aktualisiertes Umsatzsteuersystem zu schaffen, das besser gegen kriminellen Umsatzsteuerbetrug gewappnet ist. Es wird den Mitgliedstaaten ermöglicht, in den nächsten zehn Jahren jährlich 11 Milliarden Euro mehr an Umsatzsteuereinnahmen zu erzielen. Gleichzeitig wird der Vorschlag Unternehmen in der EU helfen, insbesondere den KMU.
Die Vorschläge im Detail
Übergang zu einer digitalen Echtzeit-Meldung auf der Grundlage der E-Invoice für Unternehmen, die in der EU grenzüberschreitend tätig sind, und ein harmonisierter Rahmen für inländische Umsätze:
Mit dem neuen System wird eine auf der elektronischen Rechnungsstellung basierende digitale Echtzeit-Meldung von Umsätzen für USt-Zwecke eingeführt. Sobald das System einsatzbereit ist, wird es den Mitgliedstaaten wertvolle Informationen liefern, die sie zur Kontrolle grenzüberschreitender Umsätze und zur verstärkten Bekämpfung des grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrugs benötigen, und gleichzeitig die Verwaltungs- und Compliance-Kosten für die Unternehmen senken. Um diese Daten optimal für die Zwecke der USt-Kontrolle und der Betrugsbekämpfung nutzen zu können, werden die Mitgliedstaaten auch mit den entsprechenden Instrumenten der Verwaltungszusammenarbeit ausgestattet. Der Übergang zur elektronischen Rechnungsstellung (E-Invoicing) wird dazu beitragen, den Umsatzsteuerbetrug um bis zu 11 Milliarden Euro pro Jahr zu verringern.
Aktualisierte Umsatzsteuervorschriften für Personenbeförderungs- und Kurzzeitunterkunftsplattformen:
Nach den neuen Vorschriften sollen die Plattform-Betreiber selbst für die Erhebung der Umsatzsteuer verantwortlich sein, wenn die Händler dies nicht tun (weil sie z. B. ein kleines Unternehmen sind, das sich normalerweise nicht für die Umsatzsteuer registrieren lassen muss), ebenso für die Abführung dieser Umsatzsteuer an die Steuerbehörden. Zusammen mit anderen Klarstellungen soll dies ein einheitliches Vorgehen in allen Mitgliedstaaten gewährleisten und dazu beitragen, dass für Online- und herkömmliche Beherbergungs- und Beförderungsdienstleistungen gleiche Bedingungen herrschen. Auch für die KMU, die die Plattformen nutzen, wird das Leben einfacher, da sie sich nicht mehr um die Einhaltung der europaweit unterschiedlichen USt-Vorschriften kümmern müssen.
Die Einführung einer einzigen USt-Registrierung in der gesamten EU:
Aufbauend auf dem bereits bestehenden „One-Stop-Shop“-Modell für E-Commerce-Händler wird der Vorschlag die Herausforderungen weiter verringern, unter denen sich Unternehmen, die an Verbraucher in mehr als einem Mitgliedstaat verkaufen wollen, in anderen Mitgliedstaaten registrieren lassen müssen. Mit dieser Reform können sich grenzüberschreitend tätige Händler dafür entscheiden, sich für ihre Verkäufe an Verbraucher in der gesamten EU und für die Verbringung von Waren zur Lagerung in anderen Mitgliedstaaten in nur einem Mitgliedstaat registrieren zu lassen.
Nach der Registrierung in einem Mitgliedstaat können sie dann ihren umsatzsteuerlichen Pflichten über ein einziges Online-Portal nachkommen und ausschließlich mit der Steuerverwaltung dieses Mitgliedstaats in einer Sprache kommunizieren, auch wenn ihre Umsätze EU-weit getätigt werden. Kleinere Unternehmen, insbesondere solche, die sich vergrößern wollen, werden von der wesentlich einfacheren Verwaltung profitieren, die durch die neuen Vorschriften eingeführt wird.
Der Vorschlag sieht außerdem vor, dass sich Online-Plattformen für den OSS für Einfuhren registrieren lassen müssen, was die Einhaltung der USt-Vorschriften weiter verbessern soll.
Insgesamt dürften die angekündigten Maßnahmen dazu beitragen, dass die Mitgliedstaaten in den nächsten zehn Jahren jährlich bis zu 18 Mrd. EUR mehr an Umsatzsteuereinnahmen erzielen. Die Unternehmen dürften im gleichen Zeitraum insgesamt 5 Mrd. EUR pro Jahr an Compliance-Kosten einsparen.
Digitale Meldepflichten
Wie weisen Unternehmen in der EU derzeit ihre Umsatzsteuer aus?
Derzeit müssen Unternehmen, die ihre Umsätze in anderen EU-Mitgliedstaaten tätigen, ihrer nationalen Steuerbehörde eine sogenannte „zusammenfassende Meldung“ (EC Sales List) vorlegen, die einen Gesamtüberblick über die Waren und Dienstleistungen gibt, die sie während des betreffenden Zeitraums an Unternehmen in anderen EU-Mitgliedstaaten verkauft haben und die in diesem Mitgliedstaat steuerpflichtig sind. Diese Informationen werden dann an andere Mitgliedstaaten weitergegeben, was den Steuerbehörden hilft, sicherzustellen, dass die Umsatzsteuer korrekt ausgewiesen und abgeführt wird.
Derzeit sind die Unternehmen jedoch nur verpflichtet, in einigen Mitgliedstaaten viermal im Jahr eine zusammenfassende Meldung abzugeben. Da Umsatzsteuerbetrug in kürzester Zeit geschehen kann, ermöglichen diese Meldepflichten es den Behörden nicht, verdächtige oder betrügerische Umsätze schnell zu erkennen. Die Informationen erreichen die anderen Mitgliedstaaten zu spät – im günstigsten Fall bis zu vier Monate später. Auch sind die Informationen nicht detailliert genug, was die Fähigkeit der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs ernsthaft beeinträchtigt.
Gleichzeitig haben einige Mitgliedstaaten bereits digitale Echtzeit-Meldelösungen für inländische Umsätze eingeführt – mit beachtlichem Erfolg. Solche Einzelmaßnahmen können jedoch zu einer Zersplitterung in der EU führen, was für die Unternehmen eine Belastung von durchschnittlich 4 Milliarden Euro pro Jahr bedeutet und die grenzüberschreitenden Kontrollen ineffizient macht.
Wie wird das neue System in der Praxis funktionieren?
Sobald die neuen Vorschriften in Kraft getreten sind, werden die Unternehmen in der EU elektronische Rechnungen für grenzüberschreitende Geschäftsvorgänge ausstellen und ihrer Steuerverwaltung automatisch eine Teilmenge der Daten aus diesen Rechnungen nach einem europäischen Standard melden. Sie werden nicht mehr wie bisher monatlich in Form von „zusammenfassenden Meldungen“ Bericht erstatten müssen, da diese Informationen über ihre elektronischen Rechnungen zur Verfügung gestellt werden.
Um die gemeldeten Daten optimal nutzen zu können, werden die nationalen Steuerverwaltungen sie über ein neues IT-System austauschen, das auch gemeinsame Analysen ermöglicht. Das neue System soll sicherstellen, dass die Behörden der Mitgliedstaaten in Echtzeit über die Umsätze informiert sind, sodass sie Probleme und Fälle von USt-Betrug sofort erkennen und bekämpfen können. Durch die Abschaffung bestehender schwerfälliger Meldepflichten und die Umstellung auf das E-Invoicing werden die Unternehmen in der EU in den nächsten zehn Jahren durchschnittlich 4,1 Milliarden Euro pro Jahr an Compliance-Kosten einsparen. Die elektronische Rechnungsstellung ermöglicht den Unternehmen auch, ihre Geschäfte weiter zu automatisieren und ihre Lieferketten zu optimieren.
Schließlich wird der aktualisierte Rahmen allen Mitgliedstaaten erlauben, die elektronische Rechnungsstellung für inländische Transaktionen zwischen Unternehmen verbindlich einzuführen, wenn sie dies wünschen – vorausgesetzt, dass den Unternehmen derselbe europäische Standard zur Verfügung gestellt wird. Derzeit müssen die Mitgliedstaaten eine Ausnahmeregelung von der geltenden USt-Richtlinie beantragen und erhalten, um dies zu ermöglichen. Für Mitgliedstaaten, die bereits ein inländisches E-Invoice-System eingeführt haben, sieht der Vorschlag vor, dass die Meldeanforderungen bis 2028 an den neuen EU-weiten Meldestandard angeglichen werden, was zu weiteren Einsparungen für die Unternehmen führen dürfte.
Was ist Missing-Trader-Betrug und wie wird das neue Meldesystem dazu beitragen, ihn zu bekämpfen?
Missing-Trader-Betrug oder innergemeinschaftlicher Missing-Trader-Betrug (MTIC) (auch Karussell-Betrug genannt, da er sich wie ein Karussell wiederholt) nutzt die Tatsache aus, dass die Umsatzsteuer bei Umsätzen zwischen Unternehmen im Warenverkehr zwischen den EU-Mitgliedstaaten nicht sofort in Rechnung gestellt wird (d. h. der Lieferant muss die Umsatzsteuer auf seinen Umsatz nicht in Rechnung stellen und der Erwerber muss die fällige Umsatzsteuer abrechnen).
Wenn etwa ein für Umsatzsteuerzwecke registrierter Händler Waren aus einem anderen EU-Mitgliedstaat kauft, zahlt er keine Umsatzsteuer an den Lieferanten, sondern muss die Umsatzsteuer auf seine Käufe in seinem Mitgliedstaat in Rechnung stellen und abrechnen.
Zudem müssen Lieferanten keine Umsatzsteuer auf ihre Verkäufe erheben und haben das Recht, die bereits gezahlte Umsatzsteuer zurückzufordern. Betrüger können sich das System zunutze machen, indem sie Waren umsatzsteuerfrei erwerben und sie auf dem Inlandsmarkt einschließlich Umsatzsteuer und zu einem niedrigeren Preis als die Wettbewerber weiterverkaufen.
Betrug liegt dann vor, wenn diese Umsatzsteuer nicht an die nationalen Behörden abgeführt wird. Das erste Unternehmen in der Kette im Erwerbsmitgliedstaat (der Missing Trader) kann einfach verschwinden und die erhobene Umsatzsteuer mitnehmen. Diese Art von Betrug geschieht rasch. Missing Traders können schon nach wenigen Monaten verschwinden, was die Aufdeckung von Betrug und die anschließende Durchsetzung der fehlenden Umsatzsteuer zu einer echten Herausforderung für die Steuerbehörden macht, die derzeit auf monatliche oder vierteljährliche Informationen der Steuerpflichtigen angewiesen sind.
Indem sichergestellt wird, dass die betroffenen Mitgliedstaaten über digitale Echtzeit-Meldedaten zu grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsumsätzen verfügen, werden sie viel besser in der Lage sein, schneller gegen diesen Betrug vorzugehen.
Umsatzsteuer in der Plattformwirtschaft
Wie wird die Plattformökonomie derzeit umsatzsteuerlich behandelt?
Die Plattformwirtschaft hat in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebt, wobei Online-Plattformen als Vermittler zwischen den Anbietern bestimmter Dienstleistungen und den Verbrauchern fungieren. Nach den derzeitigen Umsatzsteuervorschriften ist der Erbringer der Dienstleistung, z. B. die Person, die eine Wohnung vermietet, verpflichtet, die Umsatzsteuer zu erheben und an die Steuerbehörden abzuführen.
Viele Anbieter – ob Privatpersonen oder kleine Unternehmen – sind sich jedoch nicht bewusst, dass sie für die von ihnen erbrachten Dienstleistungen umsatzsteuerpflichtig sein können. Selbst wenn sie sich, dessen bewusst sind, kann es schwierig sein, sich mit dem lokalen USt-System vertraut zu machen und ihren USt-Verpflichtungen nachzukommen.
Gleichzeitig bedeuten die Größenvorteile und die schiere Zahl der Nutzer dieser Plattformen, insbesondere in den Bereichen Unterbringung und Personenbeförderung, dass diese Anbieter nun in direktem Wettbewerb mit traditionellen, für USt-Zwecke registrierten Anbietern wie Hotels und privaten Verkehrsunternehmen stehen.
Was wird sich ändern?
Mit den angekündigten neuen Vorschriften wird klargestellt, dass Vermittlungsplattformen in den Bereichen kurzfristige Unterbringung und Personenbeförderung für die Erhebung und Abführung der Umsatzsteuer auf die von ihnen vermittelten Verkäufe sorgen müssen, wenn der zugrunde liegende Anbieter dies nicht getan hat. Damit wird die derzeitige Ungleichheit im Bereich der Umsatzsteuer, unter der die traditionellen Anbieter in diesen Sektoren leiden, beseitigt. Schätzungen zufolge dürfte diese einfache Änderung den Mitgliedstaaten in den nächsten zehn Jahren zusätzliche Umsatzsteuereinnahmen in Höhe von bis zu 6,6 Milliarden Euro pro Jahr bescheren. Ähnliche Bestimmungen gibt es bereits in anderen Teilen der Welt, unter anderem in Kanada, und sie funktionieren reibungslos.
Parallel dazu werden die Plattformen selbst durch die Vereinheitlichung der Informationen, die sie den Behörden zur Verfügung stellen müssen, über denselben Zeitraum von zehn Jahren insgesamt 48 Millionen Euro pro Jahr einsparen.
Auch KMU, die etwa über eine Online-Plattform Immobilien in einem anderen Mitgliedstaat anmieten und dort möglicherweise Umsatzsteuerpflichtig sind, werden davon profitieren. Nach den neuen Vorschriften kann die Plattform diese Umsatzsteuer im Namen des KMU abrechnen. Schließlich wird in dem neuen Vorschlag endgültig klargestellt, dass die kurzfristige Vermietung von Unterkünften in der EU nicht von der Umsatzsteuer befreit ist.
Wie wird es in der Praxis funktionieren?
Nach den derzeitigen USt-Vorschriften steht etwa ein Hotel in einer europäischen Großstadt im Wettbewerb mit einer Plattform, die möglicherweise Tausende von Angeboten in derselben Stadt vermittelt, von denen viele nicht besteuert werden.
Nach den neuen Vorschriften wird die Plattform in den Fällen, in denen der zugrunde liegende Anbieter von Personenbeförderungen oder kurzfristigen Unterkünften keine Umsatzsteuer erhebt, die Umsatzsteuer in seinem Namen in Rechnung stellen. Die Plattform zieht die Umsatzsteuer vom Kunden ein und führt sie an die Steuerbehörden ab. Das Tagesgeschäft der zugrunde liegenden Anbieter wird nicht beeinträchtigt: Die Umsatzsteuer wird einfach automatisch zu dem auf der Plattform angegebenen Preis hinzugefügt.
Wie andere Unternehmen, die grenzüberschreitende Leistungen erbringen, können sie die Umsatzsteuer im Rahmen der bestehenden Vereinfachungsmaßnahmen wie dem One-Stop-Shop und der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft erklären, wenn die Leistung in einem Mitgliedstaat erbracht wird, in dem die Plattform nicht ansässig ist.
Einheitliche Umsatzsteuer-Registrierung in der EU
Wie hat das EU-Umsatzsteuersystem mit dem digitalen Zeitalter Schritt gehalten, wenn es um die Umsatzsteuerregistrierung geht?
In den vergangenen Jahren wurden enorme Fortschritte erzielt, um die Nutzung des EU-Umsatzsteuersystems für Unternehmen, die an Verbraucher in der gesamten EU verkaufen, so einfach wie möglich zu gestalten, vor allem im Online-Bereich. Seit Juli 2021 ermöglichen der One-Stop-Shop (OSS) und der Import One-Stop-Shop (IOSS), die für ihre grenzüberschreitenden Verkäufe von Waren und Dienstleistungen an Verbraucher innerhalb der EU fällige Umsatzsteuer über eine einzige Verwaltung des Mitgliedstaats und in einer einzigen Sprache zu erklären und abzuführen (siehe gesonderte Frage unten).
Einige Unternehmer, die Waren an Verbraucher in einem anderen EU-Staat als ihrem eigenen verkaufen wollen, müssen sich jedoch weiterhin in diesen anderen Mitgliedstaaten für Umsatzsteuerzwecke registrieren lassen. Dasselbe Problem stellt sich für Unternehmer, die ihre Waren einfach nur in einen anderen Mitgliedstaat verbringen wollen, um sie dort zu lagern. Die Registrierung für USt-Zwecke kann zeitaufwendig und teuer sein und kostet mindestens 1.200 € pro Mitgliedstaat – besonders kostspielig für KMU, Neugründungen und Unternehmen, die sich vergrößern wollen.
Wie wird dieses Problem angegangen?
Jetzt muss nur noch einen Schritt weitergegangen werden, indem der OSS auf zusätzliche Verkäufe ausdehnt wird und damit den Unternehmen ermöglicht wird, sich nur einmal in einem Mitgliedstaat für ihre Lieferungen in der gesamten EU registrieren zu müssen, auch dann, wenn sie einfach Lagerbestände in einen anderen Mitgliedstaat verlagern wollen, um sie dort zu einem späteren Zeitpunkt direkt an die Verbraucher zu verkaufen.
Der erweiterte OSS wird es ihnen ermöglichen, ihre umsatzsteuerlichen Pflichten über ein einziges Online-Portal und in einer einzigen Sprache zu erfüllen.
Ferner werden die Online-Plattformen durch die Ausweitung der Bestimmung über „deemed suppliers“ auch die Umsatzsteuer auf Verkäufe erheben, die über ihre Plattformen von in der EU ansässigen Händlern getätigt werden, wodurch die Umsatzsteuerpflichten für diese EU-Händler, insbesondere für KMU, weiter vereinfacht werden. Schätzungen zufolge werden die Unternehmen, von denen 93 % KMU sind, jährlich 800 Mio. EUR an Kosten für die USt-Registrierung einsparen.
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass Unternehmen in einem Mitgliedstaat, die Waren in einem anderen Mitgliedstaat lagern, diese auch an ein anderes Unternehmen im zweiten Mitgliedstaat weiterverkaufen können, wobei das empfangende Unternehmen die Umsatzsteuer in diesem Mitgliedstaat abführt (gemäß dem Reverse-Charge -Verfahren), ohne dass sich der Lieferant gesondert für Umsatzsteuerzwecke registrieren lassen muss. Unternehmen, die sich in dieser Situation befinden, müssen sich derzeit in anderen Mitgliedstaaten für Umsatzsteuerzwecke registrieren lassen, nur um diese Waren an ein anderes Unternehmen weiterzuverkaufen.
Beispiel 1:
Ein in Deutschland ansässiger E-Commerce-Händler, der in Polen, Frankreich und Belgien Waren für den späteren Verkauf an die Verbraucher vorrätig hat, muss sich heute in jedem dieser Mitgliedstaaten für die Umsatzsteuer registrieren lassen und die dortigen Verwaltungsvorschriften einhalten.
Nach dem neuen System wird dieser Großhändler die Möglichkeit haben, sich in der gesamten EU nur einmal für die Umsatzsteuer zu registrieren und seine gesamte Umsatzsteuerverwaltung über OSS in nur einer Sprache zu erledigen. Dadurch spart er Geld und Zeit, die er in sein Geschäft investieren kann.
Beispiel 2:
Wenn derselbe Großhändler an andere Unternehmen in den Mitgliedstaaten verkaufen möchte, in denen er seine Lagerbestände hält, kann er die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft anwenden. Auf diese Weise kann er die Registrierung in diesen Mitgliedstaaten vermeiden, da das Unternehmen, das die Waren erwirbt, die geschuldete Umsatzsteuer meldet und abführt.
Was ändert sich für Online-Plattformen, die in die EU verkaufen?
Der neue Vorschlag sieht auch vor, dass sich digitale Plattformen, die Waren aus Drittländern an Verbraucher in der EU verkaufen, für das IOSS registrieren lassen müssen. Damit wird sichergestellt, dass die Umsatzsteuer auf alle in die EU verkauften Waren erhoben wird, was wiederum die Einnahmen der Mitgliedstaaten sichert und gleiche Wettbewerbsbedingungen für EU-Unternehmen schafft.
Unabhängig davon werden Online-Plattformen, die den Verkauf von Waren an einen Endverbraucher in der EU erleichtern, für die Erhebung und Abführung der Umsatzsteuer verantwortlich sein („deemed supplier“), unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb der EU ansässig sind. Überdies werden Plattformen auch zum „fiktiven Liefereranten“ für die Verbringung von Waren in andere Mitgliedstaaten, bevor diese verkauft werden. Für Plattformen gibt es auch Vereinfachungsoptionen für die Erklärung und Abführung der für alle derartigen Lieferungen fälligen Umsatzsteuer.
Welche weiteren Änderungen werden heute zur Verbesserung des One-Stop-Shop-Systems vorgeschlagen?
Das OSS sowie das IOSS-System ermöglicht es Unternehmen, die Umsatzsteuer auf ihre Verkäufe von Waren und Dienstleistungen innerhalb der EU und auf Einfuhren von Waren mit geringem Wert in die EU zu erklären und abzuführen.
In diesem Sinne wurde das System entwickelt, um die Einhaltung der Umsatzsteuerpflicht bei grenzüberschreitenden Online-Einkäufen zu vereinfachen und den Käufern in der EU mehr Transparenz in Bezug auf die Preisgestaltung und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher zu bieten. Außerdem trägt es zu einem gerechteren und einfacheren Steuersystem in der EU und zur Modernisierung der Umsatzsteuer im Einklang mit den Gegebenheiten des E-Commerce-Marktes bei.
Die Zahlen, die sich nach einer Ex-post-Bewertung der ersten sechs Monate der Anwendung des E-Commerce-Pakets ergeben haben, deuten auf eine erfolgreiche Umsetzung des neuen Systems hin: Die Mitgliedstaaten haben über die OSS- und IOSS-Portale Umsatzsteuereinnahmen in Höhe von ca. 8 Mrd. EUR erzielt, was auf Jahresbasis etwa 16 Mrd. EUR entspricht.
Jetzt, da die OSS- und IOSS-Systeme voll funktionsfähig sind, schlägt die Kommission heute weitere gezielte Vereinfachungen vor, die den Händlern und Kunden im elektronischen Geschäftsverkehr eine noch bessere Erfahrung bieten können.
Diese sind:
- Aktualisierung der Systeme, um dem Inkrafttreten der neuen Umsatzsteuersätze und der Umsatzsteuerregelung für KMU Rechnung zu tragen
- Schnellere und effizientere Korrekturverfahren
- Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen Steuer- und Zollbehörden
Quelle : vatupdate.com